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Berlusconis Ära steht vor dem Ende

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Schwere interne Differenzen in der Lega Nord. | Von Berlusconi beherrschte TV-Sender berichten nur fragmentarisch. | Rom. Emilio Fede, Chef der Nachrichtenabteilung des Berlusconi-Senders Rete 4 und so wie der Regierungschef wegen der Affäre rund um das minderjährige Callgirl Ruby angeklagt, verschwieg am Montagabend, dass auch die Referenden für die Abschaffung des auf Berlusconi zugeschnittenen Immunitätsgesetzes und die gegen die Wasserprivatisierung erfolgreich verlaufen sind. Bruno Vespa, enger Berlusconi-Vertrauter und Präsentator der Polit-Talkshow "Porta-a-Porta" ("Von Tür zu Tür") im staatlichen TV-Sender Rai1, sprach lieber über "Verbrechen und Geheimnisse" als über die ersten seit 1995 erfolgreich verlaufenen Volksabstimmungen.


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Die Nichtinformation durch die von Berlusconi beherrschte Fernsehlandschaft Italiens kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Premier nach den verlorenen Kommunalwahlen und der schweren Schlappe bei den Referenden vor der größten Krise seiner Regierungszeit steht.

Obwohl er sowie sein Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord zum Boykott der Volksbefragungen aufgerufen hatten, haben landesweit 54,8 Prozent abgestimmt und die vier zur Diskussion stehenden Gesetze mit überwältigenden Mehrheiten von 94,1 (Atomwiedereinstieg) bis 95,8 Prozent (Profitgarantie bei Wasserprivatisierung) abgelehnt. Gegen das umstrittene Immunitätsgesetz, mit dessen Hilfe Berlusconi sich immer wieder vor seinen zahlreichen Prozessen drückt, stimmten 94,6 Prozent der Referendumsteilnehmer.

Regierungspolitiker stimmten ab

Alarmierend für Berlusconi ist, dass selbst Spitzenfunktionäre seiner Regierungskoalition, wie Innenminister Roberto Maroni, die Präsidenten der Regionen Venetien und Latium, Luca Zaia und Renata Polverini, sowie der römische Bürgermeister Gianni Alemanno die Boykottparolen nicht befolgt haben.

Besonders in der Lega Nord, die am kommenden Wochenende in Pontida zu ihrem traditionellen Treffen zusammenkommt, gärt es. "Bei den Kommunalwahlen vor zwei Wochen haben wir die erste Ohrfeige bekommen, mit den Referenden ist jetzt die zweite gekommen, und ich möchte nicht, dass das zur Gewohnheit wird", warnte der Lega-Minister für Vereinfachung in der Gesetzgebung, Roberto Calderoli. Beim Lega-Treffen sind deutliche Worte zu erwarten.

Berlusconi muss sich aber auch mit einer neuerlichen Abspaltung innerhalb seiner Partei auseinandersetzen. Der sizilianische Unterstaatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, Gianfranco Micciche, will mit zehn Abgeordneten und vier Senatoren eine eigene Fraktion bilden, die zwar die Regierung weiter unterstützen wird, aber gegen den starken Einfluss der Lega Nord ein Gegengewicht bilden will. Hier liegt neuer Sprengstoff bereit.

Berlusconi muss sich am 22. Juni mit seinen neuen Staatssekretären einer Abstimmung im Parlament stellen. Wenn er bis dahin die Widersprüche in seiner Koalition nicht ausgeräumt hat, wird es eng für ihn.