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Berlusconis beängstigende Rückkehr

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Ex-Premier hält politische Gegner und Parteifreunde in Schach.


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Die Szenerie erinnert frappant an die frühen Neunzigerjahre. Damals zerbröselten die Regierungsparteien Democrazia Cristiana und die Sozialistische Partei nach dem Auffliegen massiver Korruptionsskandale. Der Bauunternehmer und Medienzampano Silvio Berlusconi, in Satire-Sendungen des staatlichen Fernsehens als schweigender Träger eines weißen Schals ständig präsent, der diese beiden Parteien mit undurchsichtigen Parteispenden für seine Anliegen gefügig gemacht hatte, musste um seine Geschäfte fürchten und machte sich Sorgen wegen anstehender Probleme mit der Justiz. Und weil die alten politischen Verbündeten schmählich untergingen, stampfte Berlusconi über Nacht eine neue politische Kraft aus dem Boden, die er "Forza Italia" taufte - nach einem popolären Fußballslogan. Und Berlusconi wurde 1994 - allerdings nur für wenige Monate - erstmals Regierungschef.

Nach mehreren Namensänderungen und dem Zusammenschluss mit anderen Verbündeten wurde aus "Forza Italia" das "Volk der Freiheit" (Popolo della liberta - PdL) und Berlusconi schaffte es 2001 und 2008 weitere zwei Male in das Amt des Ministerpräsidenten, bis seine Skandale und die katastrophale wirtschaftliche Lage des Landes seinen Rücktritt unumgänglich machten.

Berlusconis Geschäfte laufen derzeit auch nicht gut und seine aktuellen Probleme mit der Justiz sind nicht geringer als vor zwei Jahrzehnten. Seine inzwischen von Auflösungserscheinungen gezeichnete Partei, die nur durch fragwürdige Parteiübertritte aus anderen Fraktionen ihre Mehrheit behaupten konnte, machte von Anfang an deutlich, dass sie der Expertenregierung Mario Montis jederzeit das Vertrauen entziehen könne. Montis sinkende Popularität war offensichtlich der Anlass, diese Drohung jetzt wahrzumachen.

Anders als 1994 kann sich Berlusconi bei den anstehenden Parlamentswahlen aber nicht als neue Kraft präsentieren und die Umfragewerte für seine Partei sind alles andere als ermutigend für Italiens Rechte. Mit einem enormen finanziellen und medialen Einsatz wird Berlusconi in den kommenden Wochen versuchen, das Ruder noch einmal herumzureißen und die Gegner in den eigenen Reihen zu vergattern. Mit seinem jüngsten Schachzug hat er jedenfalls verhindert, dass irgendwer in der PdL an seine Stelle treten kann, und er hat auch verhindert, dass die Italiener durch ein neues Wahlrecht diesmal die Chance erhalten, ihre Abgeordneten auswählen zu können. Wie in seinen Justizverfahren setzt der 76-Jährige einmal mehr auf Verzögerung. Die Wähler haben es in der Hand, ihm einen endgültigen Strich durch diese Rechnung zu machen.