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Robert Walsers 125. Geburtstag war heuer zu begehen, also setzte 3sat in der vergangenen Woche einen so genannten "Programmakzent" auf Leben und Werk dieses wundersamen Schweizer Dichters. Die geballte mediale Aufmerksamkeit versteht sich im Falle Robert Walsers nicht von selbst. Im Unterschied zu den Großmeistern seiner Zeit scheute er das Licht der Öffentlichkeit. Nach literarischen Anfangserfolgen zog er sich zurück und notierte nur mehr in winzig kleiner Schrift Fragmente auf jedes verfügbare Blatt. Dieses beschriebene Papier nannte Walser selbst sein "Bleistiftgebiet".
Der Sender 3sat entführte den Autor aus dem Bleistiftgebiet und versetzte ihn ins schriftarme Gelände der Telekommunikation. Schlecht bekommen ist ihm dieser Wechsel nicht. Die Verfilmungen seiner Romane "Geschwister Tanner", "Jakob von Gunten" und "Der Gehülfe" näherten sich ihren Stoffen auf unerschiedlichen Wegen, aber immer auf cineastisch anspruchsvollem Niveau. Und die zwei Beiträge zur Person Walsers verließen sich beide auf denselben begabten Geschichtenerzähler: Bernhard Echte, den Leiter des Zürcher Robert-Walser-Archivs. Er berichtete so anschaulich und begeistert über seinen Autor, dass man glauben konnte, er habe ihn noch persönlich gekannt.
Diese postume Nähe widersprach zwar dem Satz Robert Walsers, den 3sat als Motto über den Schwerpunkt gesetzt hatte: "Niemand ist berechtigt, sich mir gegenüber so zu verhalten, als kennte er mich." Aber für das Fernsehen und seine Ansprüche auf Nähe und Unmittelbarkeit waren Echtes Erzählungen genau richtig.