Bersanis Gegenspieler Matteo Renzi nicht im Wahlmännergremium.
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Rom. Eine Woche vor den am Donnerstag nächster Woche beginnenden italienischen Präsidentenwahlen brodelt in Rom die Gerüchteküche. Die Zeitung "la Repubblica" berichtete am Donnerstag, dass Silvio Berlusconi bei einem Abendessen mit seinen engsten Parteifreunden die Idee erwogen habe, den Chef der Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, zum neuen Präsidenten wählen zu lassen. Offensichtlich hofft Berlusconi, wenn Bersani erst einmal im Quirinal, dem Präsidentenpalast, sitzt, bessere Chancen für eine große Koalition zu haben. Berlusconis Partei PdL könnte in den ersten drei Wahlgängen, in denen eine Zweidrittelmehrheit für die Wahl des Staatsoberhaupts notwendig ist, mit einem eigenen Kandidaten antreten und dann zulassen, dass Bersani im vierten Wahlgang, wenn die absolute Mehrheit der 1007 Wahlmänner - 504 Stimmen - ausreicht, gewählt wird.
Bersani selbst hat aber bereits abgewunken. Er sei kein Kandidat, verlautete aus PD-Kreisen am Donnerstagnachmittag nachdem auch von der mit Berlusconi verbündeten Lega Nord Zustimmung für seine Wahl angedeutet worden war.
Renzi: Telefonat aus Rom sorgte für Ausschluss
Vorerst muss sich Bersani ohnehin mit Vorwürfen aus dem eigenen Lager auseinandersetzen. Der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi - in den parteiinternen Vorwahlen im November/Dezember des Vorjahres Bersanis stärkster Herausforderer - ist verärgert darüber, dass er nicht als einer der drei Wahlmänner gewählt wurde, die die Region Toskana zur Präsidentenwahl entsendet. Renzi nannte als Grund für seine Nichtwahl in einem TV-Interview einen Anruf aus Rom. Bersani dementierte umgehend. Man könne ja bei Telecom nachforschen und werde sehen, dass er keinen Anruf getätigt habe und bei all den Problemen, die es derzeit gebe, sei es das Letzte, zu entscheiden, wer unter den Wahlmännern der PD sei, sagte Bersani.
Grillini deuten Unterstützung für Prodi an
Aus den Reihen der 5-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo, die derzeit durch die Besetzung von Parlamentsräumlichkeiten ihrer Forderung nach Konstituierung der Parlamentsausschüsse Nachdruck verleihen, deutet sich in den letzten Tagen eine Überraschung an. So soll Beppe Grillo selbst bei einem geheimen Treffen seiner Parlamentarier angeregt haben, im vierten Wahlgang den früheren EU-Kommissionspräsidenten und Regierungschef Romano Prodi zu unterstützen. Prodi ist derjenige der zur Diskussion stehenden Kandidaten, den Berlusconi um jeden Preis vermeiden will.
In den ersten drei Wahlgängen wollen die Grillini mit der Kandidatin oder dem Kandidaten antreten, der aus ihrer Online-Vorwahl als Sieger hervorgeht. Grillo hatte ursprünglich Literaturnobelpreisträger Dario Fo (87) vorgeschlagen, der aber wegen seines Alters abgelehnt hatte. Mögliche Kandidaten sind die beiden Ex-Präsidenten des Verfassungsgerichts, Gustavo Zagrebelsky und Valerio Onida, der Jurist und Ex-Parlamentarier Stefano Rodota, der Dirigent Claudio Abbado und mit Einschränkungen auch die ehemalige EU-Kommissarin Emma Bonino.
Eine Frau als Nachfolgerinfür Giorgio Napolitano
Wenn eine Frau das Rennen um die Nachfolge von Giorgio Napolitano machen sollte, liegt Bonino in der Pole Position. In den Online-Umfragen großer italienischer Zeitungen liegt sie deutlich vor dem zweitplatzierten Romano Prodi. Ein Komitee "Bonino presidente", dem unter anderem der Verfassungsrechtler Alessandro Pace, Modeschöpferin Anna Fendi und der beliebte TV-Moderator Renzo Arbore angehören, wirbt für die langjährige Abgeordnete der Radikalen Partei, die 2008 auf der Liste der PD in den Senat eingezogen und dort in der letzten Legislaturperiode Vizepräsidentin war. Auch Premierminister Mario Monti hatte ihren Namen vor den Wahlen als mögliche Nachfolgerin für Napolitano genannt.
Emma Bonino hat sich in ihrer langen politischen Laufbahn für die Ehescheidung und Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs und international für Menschenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt und mehrmals Festnahmen auf sich genommen. In den Neunzigerjahren war ihre Partei sogar einmal in einem Koalitionsbündnis mit Berlusconi, der sie seinerzeit auch für den Posten des EU-Kommissars vorschlug.
Neben Bonino stehen aber auch noch mehrere andere Frauen als mögliche Kandidatinnen für die Präsidentenwahl zur Debatte: So werden unter anderen auch immer wieder die Namen der amtierenden Innenministerin Annamaria Cancellieri und jener der Justizministerin Paola Severino genannt. Weit über ihre Partei hinaus findet auch die frühere Fraktionsvorsitzende der PD im Senat, Anna Finocchiaro, Zustimmung. Aber auch der Name der neuen Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini fiel bereits im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl.
Berlusconis Exfrau besteht auf 36 Millionen Unterhalt
Schlagzeilen macht in Italien aber auch Berlusconis Ex-Ehefrau Veronica Lario. Sie besteht auf ihrer Forderung nach einem millionenschweren Unterhalt. Im Berufungsverfahren will sie an ihrem Anspruch auf drei Millionen Euro im Monat, die ihr Ex-Ehemann ablehnt, festhalten, berichteten italienische Medien.