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Beruhigungspillen der Regierung zeigen bei Ärzten keine Wirkung

Von Brigitte Pechar

Analysen

Die Regierung hat der ohnehin zaghaften Gesundheitsreform am Mittwoch einige Giftzähne gezogen. Die Ärztekammer rebelliert dennoch und trifft voraussichtlich Samstag Entscheidungen für Kampfmaßnahmen. Ob das Ordinationsschließungen oder Streiks sein werden, ließ Ärztekammer-Präsident Walter Dorner vorerst noch offen.


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Bei der Regierung scheint die Drohgebärde der Mediziner keinen Eindruck zu hinterlassen. Schließlich sei man den Ärzten ohnehin entgegengekommen, sagt Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und schließt weitere Nachverhandlungen aus.

Das Konzept der Sozialpartner ist jedenfalls schon verwässert worden: So fällt die Rezertifizierung der Kassen-Vertragsärzte nach fünf Jahren weg. Stattdessen sollen die Mediziner alle fünf Jahre auf die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien überprüft werden.

Warum laufen die Ärzte Sturm gegen eine Qualitätskontrolle? Sie befürchten, dass es den Reformern hauptsächlich um Kostensenkung geht und daher statt der besten die billigste Behandlungsmethode angewendet werden soll. Tatsächlich finden sich diese Qualitätskriterien nicht im Gesetz, sie werden per Verordnung vom Gesundheitsministerium erlassen. "Das Gesundheitssystem soll von bestmöglich auf billigstmöglich umgestellt werden", warnen die Ärzte.

Andererseits lässt die derzeitige Selbstkontrolle der Ärzte doch zu wünschen übrig. Tatsächlich wird die Kasse einen Vertragsarzt kaum noch los. Die Sozialversicherung hat daher mit Einführung dieser "Qualitätsevaluation" erstmals ein Mittel in der Hand, Ärzten den Vertrag abzuerkennen.

Entgegengekommen ist die Regierung den Ärzten auch mit der Installierung einer Schiedsstelle im Falle eines vertragslosen Zustandes - also wenn sich Kasse und Ärztekammer nicht auf neue Tarife einigen können. Entgegen dem Vorsatz von Kdolsky, dass darin keine Ärztevertreter sein sollen, haben sowohl sie als auch Vertreter der Sozialversicherung Mitsprache. Die Möglichkeit, Einzelverträge abzuschließen, hat sich die Regierung aber nicht herausverhandeln lassen.

Für die Ärzte ist das ein Angriff auf ihren "Kollektivvertrag" und damit Grund für einen Arbeitskampf.

Völlig unklar ist noch, ob die ab Juli 2011 geplante Aut-idem-Regelung tatsächlich etwas bringt. Zwar bleibt der Hauptverband dabei, dass dadurch jährlich 35 Millionen Euro eingespart werden können. Sollte diese Regelung aber für chronisch Kranke tatsächlich fallen, wird für die Kassen sehr viel weniger Sparpotenzial anfallen.

Dennoch erscheinen die Maßnahmen als erster Schritt zu einer umfassenden Umstrukturierung des Systems sinnvoll. Jetzt muss der zweite folgen: Sammlung aller Gesundheitsausgaben in einer Hand - auch jene für Spitäler.