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Beschämende Agitation gegen die "Feindreligion Islam"

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare

Leider halten auch manch österreichische Bischöfe Agitation gegen den Islam für eine pastorale Aufgabe und fordern, dass es bei uns keine Moscheen geben dürfe.


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Wie das Schicksal so Regie führt: Auf Initiative islamischer Theologen tagte kürzlich in Rom das hochrangig besetzte christlich-islamische Forum. Es plädierte für gleiche Würde von Mann und Frau, Religionsfreiheit und das Recht religiöser Minderheiten auf eigene Gotteshäuser.

An unserem Nationalfeiertag beging Duisburg ohne jedes Protestgetöse die Eröffnung einer großen Moschee.

Zwei Tage hernach wurde unser Nationalrat angelobt, dem auch die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter angehört. Winter hatte behauptet, Mohammed würde heute als "Kinderschänder" verurteilt, weil er die angeblich sechsjährige Aischa geehelicht hatte, bewahrt. Zuvor schon hatte Winter gefordert, die "Feindreligion Islam" ostwärts über das Mittelmeer zurückzuwerfen.

Mit dieser Agitation begab sich Winter auf Hühneraugenhöhe mit ihrer unbedarften Claque, die Muslime mit Islamisten, Moscheen mit Terrorzentren und Imame mit Hasspredigern gleichzusetzen pflegt.

Leider halten auch drei österreichische Bischöfe Agitation gegen den Islam für eine pastorale Aufgabe.

Bischof Egon Kapellari (Graz) forderte im Vorjahr, dass es bei uns keine Moscheen geben könne, solange Christen in islamischen Ländern keine Kirchen bauen dürfen.

Damit verstieß er gegen die Prinzipien eines Rechtsstaates und gegen die Mahnung des Apostels Paulus: "Vergeltet niemandem Böses mit Bösem!"

Wer provoziert da wen?

Diesem Junktim trat jüngst Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der katholischen deutschen Bischofskonferenz, entgegen: Das Recht zum Bau von Moscheen hänge keinesfalls vom Recht auf Kirchenbauten in muslimischen Ländern ab.

Im Frühjahr nannte Bischof Elmar Fischer (Feldkirch) den Bau von Moscheen und Minaretten eine "Provokation", die den sozialen Frieden gefährde. Wer provoziert da wen?

Weihbischof Andreas Laun (Salzburg) behauptete kürzlich in seiner Kirchenzeitung unter dem Titel "Klartext": "Wenn Muslime riesige Moscheen und alles überragende Minarette bauen wollen, steckt in solchem Wollen die Absicht, die totale Macht in Europa zu übernehmen und Europa islamisch zu machen."

("Lernen Sie Geschichte", hätte Kreisky dazu gesagt, denn totale Macht über Europa eroberten nicht einmal Hitler und Stalin.) Laun weiter: Moscheen sollen "unsere Stadtbilder beherrschen und zu islamischen Wahrzeichen christlicher Städte" machen.

Laun untermauerte seine pauschale Unterstellung mit keinem Faktum und verstieß somit gegen das Bibelwort: "Du sollst kein leeres Gerücht verbreiten."

Gott und Allah sei Dank, dass Kardinal Christoph Schönborn Klartext mit Klarsicht sprach: Es sei nicht einzusehen, warum Muslime keine Moscheen mit Minaretten bauen sollten. Folgerichtig fanden Christen und Muslime in der Tiroler Gemeinde Telfs einen Konsens darüber, dass und wie eine Moschee mit Minarett gebaut werden kann - ohne "Machtanspruch" und "Provokation".

Telfs hielt sich so beispielhaft an die "goldene Regel" des Evangeliums: "Alles, was Ihr von anderen erwartet, das tut auch Ihr ihnen."

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