Zum Hauptinhalt springen

Bescheidenheit und Kampfeslust

Von Ronald Schönhuber und Ina Weber

Politik

Schüssel tritt nicht im Doppelpack an. | Gusenbauer jubelt. | Grünen-Chef über FPÖ-Sieg schockiert. | Wien. "Man muss bescheiden bleiben", so kommentierte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel das Abschneiden der ÖVP am Sonntag in Wien. Trotz aller gebotenen Bescheidenheit fühle er sich aber doch als "einer der Wahlsieger". Johannes Hahn habe in Wien ein gutes Ergebnis für die ÖVP eingefahren. Ein Wehrmutstropfen dabei sei die SPÖ, die mit 49 Prozent der Stimmen 55 Mandate erreicht habe.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

http://www.wienerzeitung.at/bilder/wzo/apa/20051024wanderung.gif

Dass Schüssels Regierungspartner BZÖ in Wien 1,2 Prozent erreichte und sogar von der KPÖ überholt wurde, sorgt hingegen beim Kanzler nur für geringe Irritationen. "Wir sind ja schließlich nicht im Doppelpack angetreten." Zudem wären die wesentlichen Persönlichkeiten des Bündnisses in Wien gar nicht involviert gewesen. Auch für die kommenden Nationalratswahl gibt sich Schlüssel, was seinen Regierungspartner anbelangt, gelassen. "Ich warne vor Prognosen. Wie man am Beispiel der FPÖ sieht, kann sich innerhalb kurzer Zeit viel ändern". Zumal habe man in Wien den Gemeinde- und nicht den Nationalrat gewählt. "Im Gegensatz zu anderen Parteien gibt es für die ÖVP hier eine klare Trennung. Jede Wahl hat ihre eigene Thematik und auch ihre eigene Dynamik."

"Großartiger Erfolg"

Weniger bescheiden als Schüssel zeigte sich am Wahlabend SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer. Michael Häupl sei ein "großartiger Erfolg" gelungen. Schließlich hätten die Sozialdemokraten von einem "sensationellen Wahlresultat vom letzten Mal" noch zulegen können. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures betonte, dass nur ein Fünftel der Stimmen der Bundesregierung sein Vertrauen ausgesprochen hat. Das sei ein klares Alarmsignal an die Regierung. Das Ergebnis der FPÖ, die eine Polarisierung erreicht habe, ist für sie in eine völlig falsche Richtung gelaufen. Das müsse man sich anschauen. Auch sei es notwendig dem Bereich der Nichtwähler in Zukunft ein politisches Angebot zu stellen, sagte Bures zur WZ.

"Menschenverachtend"

Für Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist das Ergebnis der Grünen keine Niederlage, auch wenn er zugibt, dass das Ziel, Zweiter zu werden, nicht erreicht wurde. "Das war dennoch der richtige strategische Ansatz, im Hinblick auf die Absolute der SPÖ, auf den zweiten Platz zu setzen", meinte Van der Bellen zur "Wiener Zeitung". Ein Sieg sei es dennoch. "Man kann aus zusätzlichen drei Mandaten keine Niederlage machen." Das Ergebnis der FPÖ ist laut Van der Bellen ein Wehrmutstropfen. "Menschenverachtend, kleinkariert, mit fehlen die Worte."

Von der Bundes-Spitze des BZÖ kam allein Klubchef Herbert Scheibner in den orangen Rathausklub. Scheibner sprach von einem "schmerzlichen Ergebnis". Jetzt müsse das Ergebnis mit Blick auf die nächste Nationalratswahl analysiert werden. Dann müssten Konsequenzen folgen. Welche das sein könnten, ließ Scheibner allerdings offen.

Kämpferisch gab sich FPÖ-Spitzenkandidat Hans-Christian Strache, der als Bundesparteiobmann auch bundespolitisch neue Zeiten anbrechen sieht. "Nachdem wir fast zerstört wurden haben wir gezeigt, was es heißt die Verantwortung zu übernehmen. Wir werden das blaue Wunder von Wien auf die Bundespolitik umlegen." Trotz der "Wiedergeburt der FPÖ" werde sich aber jetzt "mit 120 Prozent" auf die Arbeit in Wien konzentrieren. Alles andere würden zu gegebener Zeit die Parteigremien zu entscheiden haben, schloss Strache aber auch ein Antreten im Bund nicht aus.