Corona hat Entwicklungen angetrieben, aber auch Schwachstellen und Defizite schonungslos aufgedeckt.
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Es sind irritierende Zahlen: Seit der Corona-Krise werden um 41 Prozent mehr Antidepressiva an Kinder und Jugendliche verschrieben. Bei den Antipsychotika sieht es ähnlich aus: nämlich 35 Prozent. Diese Entwicklung hat die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in den Fokus gerückt. Das ist gut so, denn das Thema braucht Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist immer der erste Schritt. Aufmerksamkeit, Erkenntnis und Aufklärung bilden das Fundament für eine passende Strategie und entsprechende Maßnahmen, um gegenzusteuern.
Wir dürfen aber auch nicht die Corona-Pandemie als Ausnahmesituation abtun. Diese Zahlen, diese Fakten, diese Entwicklungen sind nicht nur ein Corona-Spezifikum, das vielleicht mit dem Ende der Pandemie verschwinden wird. Corona war und ist in vielem ein Katalysator, eine Zäsur und ein Augenöffner. Corona ist ein Beschleuniger. Corona hat Entwicklungen angetrieben, aber auch Schwachstellen und Defizite schonungslos aufgedeckt. Deswegen sind viele Erkenntnisse, die wir während der und für die Pandemie gemacht haben, Erkenntnisse für die Zukunft. Ich verstehe sie als Weckruf.
Der Wert "Gesundheit" muss bei vielen jungen Menschen erst definiert werden. Ihr Verständnis, ihr Wissen und ihre Einstellung sind große Themen und Aufgaben. Wir müssen bei unseren Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein dafür schaffen. Was ist gesund? Was ist ungesund? Oder: Wie viel ist gesund? Und wie viel ist zu viel?
Auch wenn das Umfeld, die Familie und der Freundeskreis eine große Rolle spielen, können die Schulen einen essenziellen Beitrag leisten. Gesundheitskompetenz gehört in die Klassenzimmer. Gesundheitskompetenz gehört in den Unterricht. Zudem können und müssen der Kindergarten und die Schule eine gesunde Umgebung für die Kinder und Jugendlichen sein. Einige Vorreiter gibt es hier schon. Gelebte Gesundheit ist mein Anliegen. Es ist Teil eines guten Starts in ein gesundes Leben. Man kann gar nicht früh genug damit anfangen. Gesund essen, Spaß an der Bewegung - das müssen die Grundprinzipien im Kindergarten sein. Hier kann man bereits das eigene Verantwortungsgefühl junger Menschen entwickeln und positiv beeinflussen. Wenn Kinder lernen, dass sie ihre Gesundheit, ihr Wohlfühlen positiv beeinflussen können, werden sie als Erwachsene anders damit umgehen.
Wir müssen diese Einstellung zur Gesundheit ändern: weg vom Reparaturgedanken, hin zur Prävention, aus dem Ziel "Alt werden" das Ziel "Gesund alt werden" machen. Möglichst viele "gesunde Lebensjahre" zu erreichen, darf nicht nur die Vision des Gesundheitssystems und der Sozialversicherung sein, sondern muss es ebenso jedes Einzelnen für sich sein. Dieses Ziel können wir gemeinsam erreichen, denn Gesundheit ist Mannschaftssport: Der Arzt, die Sozialversicherung, die Apotheken und die Therapeuten sind Teil dieser Mannschaft. Und natürlich der Einzelne - egal, wie alt er ist, spielt er die entscheidende Rolle.