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Besitztümer kein Thema mehr

Von Matthias Nagl

Politik

Haslauer sieht Ressortbündelung als Schlüssel zur neuen Verwaltung.


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"Wiener Zeitung": Als Sie 2004 in die Politik gingen, war der Plan, dem damaligen Landeshauptmann Franz Schausberger nach zwei Jahren im Amt nachzufolgen. Nun hat es mehr als neun Jahre gedauert, bis Sie heute zum Landeshauptmann gewählt wurden. Würde Salzburg anders ausschauen, wenn der Plan damals aufgegangen wäre?Wilfried Haslauer: Das ist eine hypothetische Frage. Es ist auch ein bisschen zu früh, die Ära Burgstaller insgesamt zu beurteilen. Es war nicht alles schlecht, was da passiert ist. Salzburg steht wirtschaftlich nach wie vor gut da. Es ist sicher Gabi Burgstaller zu verdanken, dass ein offeneres, unkomplizierteres und weniger repräsentatives Klima herrscht. Auf der anderen Seite wurden viele anstehende Probleme eher moderiert als angepackt.

Ihr Regierungsprogramm ist in manchen Punkten vage. Inwiefern hängt die Umsetzung des Programms vom Kassasturz ab, der Ihnen noch bevorsteht?

Alles, was wir machen wollen, müssen wir uns auch leisten können. Wir haben ein zentrales Problem in diesem Land, das sind zu hohe Schulden. Wobei wir momentan noch gar nicht wissen, wie hoch diese Schulden wirklich sein werden, wenn die Finanzgeschäfte aufgelöst sind. Das bindet für mehrere Generationen die Bewegungsspielräume, und da müssen wir rauskommen. Das wird die große Herausforderung werden: Wie kriegen wir auf der einen Seite das Budget in den Griff und wie gelingt es uns auf der anderen Seite, doch Entwicklungen in die Wege zu leiten. Denn Kaputtsparen ist ja kein Rezept. Diesen Spagat werden wir nur dann schaffen, wenn wir intensiv an den Strukturen arbeiten.

Einen ersten Schritt haben wir schon erledigt, indem wir in den Regierungsverhandlungen Kompetenzen gebündelt haben. Beispielsweise sind alle Kulturbereiche in einer Hand gebündelt. Bei den Krankenanstalten hatten wir bisher die Zuständigkeiten auf vier Regierungsmitglieder aufgeteilt. Es war letztlich auch niemand da, der vor, hinter und neben den Krankenanstalten gestanden ist. Es war ganz wichtig, dass wir diese beiden Bereiche bündeln konnten.

Warum war so eine Organisation bisher nicht möglich? Weil jeder überall mitreden wollte?

Ja. Wir haben bei dieser Regierung nicht mehr über Besitztümer gesprochen. Natürlich sind zwei, die immer um die Nummer-eins-Position rittern, da in einer anderen Ausgangslage. Der Zugang diesmal war, dass die Arbeit gerecht verteilt werden soll. Jeder soll leichtere und schönere aber auch schwierigere Ressorts bekommen.

Laut den aktuellen Zahlen soll Salzburg ja mit einem Plus aus den Spekulationsgeschäften aussteigen. Rechnen Sie damit, dass es wirklich so kommen wird?

Ich bin da sehr skeptisch, das sind Bewertungsfragen. Zuerst wird immer das verkauft, wovon man sich am leichtesten trennen kann. Das ist bisher ganz gut gelaufen. Die schwierigen Brocken bleiben über, und erst wenn wir die gemacht haben, wissen wir, ob wir ein Minus gemacht haben. Das ist ein Bereich. Der zweite Bereich, den wir nicht beurteilen können, ist die historische Aufarbeitung: Wie viel Geld ist da über all die Jahre hineingeflossen? Wie wurde es finanziert? Wurden Eigenmittel verschleiert verwendet? War das Ganze unter dem Strich unter Berücksichtigung aller Faktoren ein Geschäft oder ein Verlust? Das können wir heute nicht sagen.

Die Aufarbeitung kann mehr oder weniger detailliert erfolgen. Je genauer man aufarbeitet, desto höher sind die Kosten . . .

Da muss man unterscheiden. Die Kernfrage ist, will man einen ungefähren Überblick oder will man die vergangenen Jahre bis 2001, als die Geschäfte begonnen haben, aufgebucht haben. Ich will Zweiteres, das sage ich ganz klar. Es gehört Jahr für Jahr im Nachhinein ein Status gemacht.

Gibt es da eine finanzielle Deckelung, wie viel das kosten darf?

Jeder dieser Schritte ist zu budgetieren und einzuschätzen. Man muss natürlich aufpassen, aus dieser Aufarbeitung kein Geschäft zu machen. Wir haben eine ziemlich genaue Einschätzung, was sein muss und was nicht. Eine buchhalterische Aufarbeitung heißt nicht, dass da 70 Wirtschaftsprüfer ans Werk gehen müssen.

Hans Mayr, Regierungsmitglied des Team Stronach, ist vor der Wahl aus der ÖVP ausgetreten, weil er ein Mandat nicht bekommen hat, das er gerne gehabt hätte. Nun sitzt er in der Regierung. Ist das nicht eine Aufforderung an enttäuschte ÖVP-Mitglieder, sich dem Team Stronach anzuschließen?

Die Wege des Lebens sind oft verschlungen und rätselhaft. Hans Mayr ist ein erfahrener Bürgermeister, er wollte etwas Zusätzliches machen, hat dabei in seinem eigenen Bereich nicht die Resonanz gefunden und hat sich einer neuen Gruppierung zugewendet. Ich sehe das ganz leidenschaftslos. Wir hatten bei den Koalitionsgesprächen ein sehr angenehmes, kollegiales Gesprächsklima. Er wird das gut machen. Man muss in der Politik auch die Kunst verstehen, langfristige Notwendigkeiten kurzfristig mehrheitsfähig zu machen. Genau das ist hier passiert.

Sie haben als erster Politiker Österreichs das Team Stronach in eine frei gewählte Regierung geholt. Halten Sie es auch auf Bundesebene für regierungsfähig?Das müssen unsere Freunde in Wien entscheiden. Letztlich werden die Ideologien, Sachprogramme und Forderungen einer Partei von Persönlichkeiten geprägt. Wenn man das Gefühl hat, man kann mit jemandem persönlich nicht, ist es klüger, den nicht in ein Boot zu holen. In Salzburg ist das nicht so. Bei uns passt es.

Sie sind Mitglied im Bundesparteivorstand der ÖVP und werden diese Frage nach der Nationalratswahl im Herbst dort vielleicht auch mitentscheiden.

Natürlich. Da werde ich berichten, wie es uns geht, und im Herbst wissen wir da schon mehr. Für uns ist das auch Neuland. Wir gehen mit zwei Parteien zusammen, die wir nicht wirklich kennen.

Finanzskandal

Zur Person

Wilfried Haslauer (57) wurde am Mittwoch zum neuen Landeshauptmann von Salzburg gewählt. Seit 2004 ist der Jurist Obmann der Salzburger ÖVP. Sein gleichnamiger Vater war von 1977 bis 1989 ebenfalls Landeshauptmann von Salzburg.

Laut den neuesten Zahlen von vergangener Woche kommt Salzburg mit einem Plus von 86 Millionen Euro aus den Spekulationsgeschäften. Die Schulden aus Spekulationsgeschäften betragen aktuell noch rund 329 Millionen Euro. Da es sich um ein Bewertungsplus handelt, kann sich die Zahl bis zum tatsächlichen Ausstieg aus den Geschäften noch ändern. Bei Beginn der Aufarbeitung im Jänner hatten die Geschäfte ein Vermögen von 1,9 Milliarden Euro.

Inzwischen erlebte Salzburg einen Untersuchungsausschuss im Landtag und Neuwahlen. Die Partei der bisherigen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die SPÖ, stürzte von 39,4 auf 23,8 Prozent ab.

Die ÖVP von Wilfried Haslauer verlor 7,5 Prozentpunkte, wurde mit 29 Prozent aber stärkste Partei im neuen Landtag und bildet mit den Grünen (20,2 Prozent) und dem Team Stronach (8,3 Prozent) die neuformierte Landesregierung, in der nur Haslauer über Regierungserfahrung verfügt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt umfangreiche Ermittlungen im Umfeld der Finanzgeschäfte. Im Herbst wird vom neuen Landtag voraussichtlich ein neuerlicher Untersuchungsausschuss eingerichtet.