Kamera-Installation nur mit Betriebsratsgenehmigung. | Unklarheiten bei Kontrolle von E-Mails. | Wien.Lidl hat es gemacht, auch die Deutsche Bahn und nun auch die Welser Firma Tiger Lacke. Immer mehr Firmen machen Negativ-Schlagzeilen, weil sie ihre Mitarbeiter überwachen. Dabei reichen die Kontrollmethoden von der Überwachung des E-Mail-Verkehrs über Videoaufzeichnungen bis hin zur Überprüfung des Krankenstands durch einen Privatdetektiv.
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Für den Rechtsanwalt Alexander Petsche von Baker & McKenzie ist die Überwachung der Belegschaft teils verständlich. "Was soll man denn tun, wenn es etwa im Lager ständig Materialschwund gibt?"
Wer seinen Mitarbeitern genauer auf die Finger schauen will, muss aber höllisch aufpassen. Schließlich darf man die Grenze zu einem unzulässigen Eingriff in das Privatleben nicht überschreiten. Die Installation von Videokameras im Büro stellt laut Gerda Heilegger, Datenschutzexpertin der Arbeiterkammer (AK) Wien und Ersatzmitglied bei der Datenschutzkommission, jedenfalls eine Kontrollmaßnahme dar, "die die Menschenwürde berührt". Daher sei für die Kamerainstallation immer die Zustimmung des Betriebsrats notwendig. Gibt es keinen Betriebsrat, müssten die überwachten Mitarbeiter einzeln ihr Einverständnis geben.
Konkreter Verdacht
Petsche hält eine Betriebsvereinbarung nicht immer für nötig: Wenn der Arbeitgeber einen konkreten Diebstahlsverdacht gegen einen bestimmten Mitarbeiter hat, könne er eine Kamera auch ohne Zustimmung des Betriebsrats installieren.
Dem stimmt auch der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal von der Universität Wien zu. "Nur bei der generellen Videoüberwachung braucht man eine Betriebsvereinbarung, nicht bei einem individuellen Verdacht. Die Überwachung muss aber verhältnismäßig sein." Genau bei der Frage der Verhältnismäßigkeit scheiden sich jedoch die Geister.
Wer die Zustimmung des Betriebsrats zur Kamerainstallation hat, ist zumindest arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite. Nur in gewissen Fällen - etwa bei der Montage von Kameras in den Toiletten - ist die Aufzeichnung selbst bei Vorliegen einer Betriebsvereinbarung unzulässig.
Die geplante Videoaufzeichnung muss auch dem Datenverarbeitungsregister gemeldet und von der Datenschutzkommission genehmigt werden. Dem Arbeitgeber drohen sonst saftige Verwaltungsstrafen.
Rechtlich unklar ist, wie weit die Überwachung von E-Mails im Büro gehen darf. Während Petsche arbeitgeberfreundlich auftritt und meint, dass der Arbeitgeber ohne Einschränkung alle beruflichen Mails durchsehen darf, kommt es laut Heilegger auf die Intensität der Kontrolle an. "Eine totale Kontrolle ist verboten, also wenn sich der Arbeitgeber alle Mails jederzeit anschauen kann und es der Mitarbeiter auch nicht weiß", sagt die AK-Expertin. Eine solche Überwachung "ohne konkreten Grund" ist "überschießend und stellt nicht das gelindeste Mittel dar".
Einigkeit herrscht bei privaten Mails. Diese sind für den Chef tabu. In der Praxis ist diese Verbot allerdings nicht ganz so einfach umzusetzen. Denn wie erkennt man, ob ein Mail privat oder beruflich ist?
Bei der Aufzeichnung von Krankenständen gibt es weniger Probleme. "Krankenstände müssen aufgezeichnet werden, mehr aber auch nicht", erklärt Heilegger. So dürfen etwa die Gründe für den Krankenstand nicht festgehalten werden.
Zulässig ist es aber laut Petsche, einen Privatdetektiv zu dem krankgemeldeten Mitarbeiter zu schicken, um den Krankenstand zu überprüfen.