Erste Start-up-Studie über Wien erschienen - der Anteil der Gründungen insgesamt liegt bei acht Prozent.
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Wien. In Wien gibt es rund 638 Start-ups. Für diese Zahl hat es lange gebraucht. Die Wirtschaftsagentur Wien hat gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Wien nun erstmals eine Studie in Auftrag gegeben, um eine Grundlage für ihre Arbeit zu haben. Das Resultat: Die Zahl der Start-ups steigt. Gab es im Jahr 2010 noch 484 Start-ups in Wien, so waren es im Jahr 2013 schon 638 Unternehmen. In Berlin gibt es vergleichsweise rund 750 dieser innovativen Firmen, der deutsche Nachbar sei aber auch doppelt so groß wie Wien. Kaum zu glauben: "So gesehen, sind wir besser als Berlin", hieß es am Mittwoch bei der Studien-Präsentation. Der Anteil der Start-ups an den gesamten Unternehmensgründungen in Wien liegt bei 7,6 Prozent.
Die Studie sei vor allem wichtig, um Wien als Gründungs-Standort auch im Ausland erfolgreich präsentieren zu können, sagte Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. Denn noch immer sei das Hauptproblem der jungen Gründer, dass es zu wenige Investoren in Wien gibt. Risikokapital sei nach wie vor gefragt. Drei Viertel aller Befragten gaben an, zunächst im privaten Umfeld gefördert worden zu sein. Auch das hat die Studie hervorgebracht.
35, männlich, gebildet
Weiters wurde einmal mehr ersichtlich, dass auch in diesem Bereich die Männer federführend sind. Der Start-up-Bereich ist laut Studie zu rund 70 Prozent eindeutig männlich dominiert. Auf Österreich umgelegt, sieht es noch viel schlechter aus: Landesweit liegt der Frauenanteil bei knapp zehn Prozent. Der typische Start-up-Gründer ist laut Studie - wie schon vermutet - 35 Jahre alt, hat ein Universitäts- oder FH-Studium entweder in den Bereichen Wirtschaft, Technik, Naturwissenschaft oder IT abgeschlossen und ist - männlich.
Für Petra Gregorits von PGM Marketing Research Consulting, die die Studie durchgeführt hat, gibt es beim Streben nach einem höheren Frauenanteil zwar erste Ansätze, man müsse aber noch viel dafür tun. "Frauen sind nachhaltigere Gründerinnen, sie denken in kleineren Firmen-Dimensionen und haben keine Exit-Strategien", sagte sie. Sie würden nicht daran denken, die Firma schnell aufzubauen und dann zu verkaufen, wie es bei männlichen Kollegen schon der Fall sei.
Ein konkreter Ansatz für Gregorits ist die Plattform "Woman investing in Woman" von Anu Bhardwaj, wo Frauen als Female Angels, Investoren also, angesprochen werden. "Es gibt viele Frauen, die Geld haben, wir wollen sie gewinnen", sagte Gregorits. Aber auch das Bildungssystem sei gefordert. Mit dem "Töchter-Tag" allein, wo Mädchen den Zugang zu Technik bekommen sollen, sei es nicht getan. "Man müsste Technik ein anderes Gesicht geben", sagte Gregorits, "am besten vom Kindergarten an." Technik brauche eine neue Definition.
Dass der Frauenanteil geringer sei, sei branchenabhängig, sagte Martin Puaschitz von der Jungen Wirtschaft. Ein Start-up ist unter anderem technologieorientiert. Laut Studie fallen 43,6 Prozent in diesen Bereich, 22,8 Prozent zählen zu Creative Industries, 32,7 Prozent sind der IT-Medienbranche zuzuordnen und 0,9 Prozent zählen zu Life-Science.
Schnelles Geld nicht vorrangig
Mit einem Vorurteil will die Studie ebenfalls aufräumen: Nur neun Prozent der Befragten gaben an, ihr Unternehmen zu gründen, weil sie die Firma so schnell wie möglich um bestenfalls viel Geld wieder verkaufen möchten. "Das ist ein Vorurteil. Das ist bei den meisten kein vorrangiger Grund für eine Gründung", so Hirczi.
Erfolgreich sein wolle aber jeder. Und so würde leider die "Kultur des Scheiterns" in Wien fehlen. Das gehöre aber dazu, so Puaschitz. Christoph Jaschke vom Verein Austrian Startups bezeichnete die Stimmung bei Gründern als "Wechselbad der Gefühle". Es sei eine Achterbahnfahrt, denn es gehe vor allem um den Faktor Zeit. "In dem Moment, wo ich eine Idee für ein Start-up habe, trete ich in Konkurrenz mit der gesamten Welt", so Jaschke. Dann stelle sich sehr rasch die Frage, wer gibt mir Geld für meine Idee.
Und das ist es auch, was Start-ups von anderen Gründungen unterscheidet: Sie sind innovativ, es wird ein neues Geschäftsmodell für neue Märkte entwickelt, es ist technologieorientiert und wachstumsorientiert. Werden diese Kriterien erfüllt, hat ein Start-up eine Lebensdauer von fünf Jahren, in denen es so bezeichnet wird.
Dass das weltweite IT-Unternehmen Cisco seinen Blick von den USA nach Wien richtete, wird erneut als Meilenstein genannt. Sechs ausgewählte Start-ups werden im Jänner für sechs Monate von dem Unternehmen in Wien betreut. "Wir haben den tiefen Glauben, dass Innovation nicht mehr hinter verschlossenen Türen stattfinden kann", so Florian Grossmann von Cisco. Innovation finde immer schneller statt und man könne nicht mehr vorhersehen, was als Nächstes kommt.
Die neue Branche entwickelt sich schneller als traditionelle Bereiche. Dabei wird auch Beschäftigung geschaffen. Rund ein Drittel der Unternehmen beschäftigt bei der Gründung Mitarbeiter, wobei sich der Anteil der Beschäftigten nach zwei Jahren auf 40 Prozent erhöht. Insgesamt siedeln laut Studie 70 Prozent aller österreichischer Start-ups in Wien.