30 Prozent Mindestquote und Eigenverwaltung. | Härtere Zeiten für Gläubiger. | Wien. Was für ein Unterschied zu früheren Zeiten, der Schuldner musste nämlich bei Hunger und Kälte im Schuldturm darüber nachdenken, wie er seine Schulden begleichen könnte. Heute wird das Erfolgsmodell "Zwangsausgleich" modernisiert. Seit 1. Juli 2008 ist in Österreich ein neues Insolvenzrecht in Kraft. Neu ist vor allem, dass die Option auf ein Sanierungsverfahren mit Mindestquoten und "Eigenverantwortung" besteht. Das primäre Ziel ist die Rettung und nicht - wie leider viel zu oft früher - die Zerschlagung des Unternehmens. Wichtig ist für ins Trudeln geratene Unternehmen, dass eine rechtzeitige Insolvenzanmeldung erfolgt.
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Der sanierungswillige Unternehmer wird dabei - im Gegensatz zum früheren Konkursverfahren - nicht zur Gänze entmündigt. Er bleibt im neuen "Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung" ab 1. Juli 2010 Unternehmer mit Entscheidungsbefugnis, nur für außergewöhnliche Geschäfte bedarf es der Zustimmung durch den Insolvenzverwalter. Die Abweisung des Konkurses mangels Masse soll in Zukunft erschwert werden. Der Schuldner hat somit die Qual der Wahl - drei Optionen stehen zur Verfügung.
Seit 1. Juli 2008 gibt es drei Varianten eines Insolvenzverfahrens, nämlich:
Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung und einer Mindestquote von 30 Prozent (früher Ausgleich genannt mit einer Mindestquote von 40 Prozent)
Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung mit einer Mindestquote von 20 Prozent (früher Zwangsausgleich genannt, mit ebenfalls 20 Prozent Mindestquote)
Konkursverfahren (Zerschlagungsverfahren - früher Abweisung des Konkursverfahrens "mangels Masse" genannt).
Wird die im Sanierungsverfahren beschlossene Quote vom Unternehmen erfüllt, sind die restlichen Schulden erlassen. Der Unternehmer ist befreit von Schuld und Sühne und kann unbelastet ein neues Unternehmerleben beginnen. Anders stellt sich die Situation beim Konkursverfahren dar, es kommt zu keiner Restschuldbefreiung. Dann bleibt nur noch der Privatkonkurs.
Keine Insolvenz ohne Sanierungsplan
Der Sanierungsplan ist das A und O der erfolgreichen Insolvenz. Er besteht aus einem aktuellen und vollständigen Status (aktueller Vermögens- bzw. Schuldenstand, Budgets für die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der kommenden 90 Tage und die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre). Aus den vorgelegten Budgets muss die realistische Erfüllung zumindest der Mindestquote klar ersichtlich sein, ansonsten lehnen die Richter den Insolvenzplan ab.
Jede geglückte Sanierung erfordert daher ordnungsgemäße Jahresabschlüsse. Bitte beachten Sie: Nicht ordnungsgemäße oder nicht rechtzeitig erstellte bzw. vorgelegte Jahresabschlüsse können zu drastischen Geld- und sogar Gefängnisstrafen wegen "grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen" führen. Gerade in der Krise gilt daher der Grundsatz: Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern rechtzeitig Beratung holen.
Neu ist, dass Gläubiger nur erschwert aus langfristigen Verträgen mit dem Schuldner aussteigen können. Die Gläubiger dürfen die Verträge wegen einer verschlechterten wirtschaftlichen Situation oder wegen eines Zahlungsverzuges nämlich nicht auflösen, es sei denn, es droht ihnen selbst schweres wirtschaftliches Ungemach. Banken und andere vorrangige Gläubiger müssen im Insolvenzverfahren länger auf ihre Befriedigung warten. So wurde die Wartefrist für mit Hypotheken besicherte Gläubiger von nach altem Recht drei Monate auf sechs Monate ab Insolvenzeröffnung erweitert.
Ähnlich wie im amerikanischen "Chapter-11-Verfahren" werden Kündigungs- und Rücktrittsrechte der Vertragspartner des sanierungswilligen Unternehmens für die Dauer von sechs Monaten ausgesetzt. Die drohende Räumungsexekution des Vermieters wegen Mietzinsrückständen wird aufgeschoben, bis eine Entscheidung über das weitere Schicksal des Unternehmens gefallen ist.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.