Sport soll neben Chemo- und Strahlentherapie zum Einsatz kommen. | Pilotprojekt der Kinderonkologie. | München/Homburg. Studien der letzten Jahre haben immer wieder selbst Ärzte in Staunen versetzt: Sport beugt nicht nur Krebs vor, sondern verbessert nachweislich auch die Heilungschancen der Erkrankung. "Sport sollte deshalb neben Chemotherapie, Bestrahlung und Operation einen festen Stellenwert in der Krebsbehandlung erhalten - so wie ein Medikament", betont Prof. Martin Halle, Sportmediziner an der TU München.
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Prognose verbessern
"Der Patient kann so aktiv etwas für seine Genesung tun, er bekommt ein positives Körpergefühl, regt seinen Kreislauf an und verbessert damit die eigene Prognose", ergänzt Prof. Michael Schoenberg, Chefarzt der chirurgischen Abteilung am Rotkreuzklinikum München.
Beispiele eines gezielten Einsatzes von Sport in der Krebstherapie gibt es inzwischen einige. Selbst Kinderonkologen mobilisieren damit ihre jüngsten Patienten. So läuft zurzeit am Universitätsklinikum des Saarlandes ein Pilotprojekt, das den Einfluss von Sport als Ergänzung in der Behandlung von Hirntumoren untersucht.
Zwar haben Kinderonkologen mit geschickten und auf den jeweiligen Fall zugeschnittenen Kombinationsbehandlungen aus Strahlen- und Chemotherapie in den letzten Jahren die Überlebenschancen von Kindern mit Hirntumoren entscheidend verbessern können. Doch wo Licht, da auch Schatten. Denn gerade diese effiziente Kombinationstherapie verkraftet das Gehirn am Schlechtesten.
Häufig vernichten die gut gemeinten Behandlungen nicht nur tumoröses Gewebe sondern auch gesunde Hirnzellen. "Für viele Kinder bedeutet dies einen messbaren Verlust an Hirnleistung bis zu 30 IQ-Punkten", erklärt Prof. Norbert Graf, Leiter des Kinderkrebszentrums am UKS in Homburg.
Oft sind motorische Ausfälle und Gleichgewichtsstörungen sowie Depressionen, Antriebsschwäche und vermehrte Krankheitsanfälligkeit die Folgen einer Intensivbehandlung. "Kinder und Jugendliche, aber auch die Angehörigen, müssen in einer solchen Situation erfahren und damit klarkommen, dass aus einer normalen Begabung plötzlich eine Lernbehinderung resultiert", sagt die in das Projekt eingebundene Psychotherapeutin Gabriele Wevers-Donauer.
Gehirn regeneriert sich
Sport und Psychotherapie sollen nun den betroffenen Kindern dabei helfen, wenigstens einen Teil der verlorenen Fähigkeiten zurückzuerobern. Graf: "Früher glaubte man, dass Gehirnzellen nicht neu wachsen können. Heute sind wir sicher, dass sich Teile der zerstörten Gehirnzellen regenerieren lassen. Sport spielt dabei eine ganz wichtige Rolle."
Ein entsprechendes Programm, mit dem sich einerseits die körperliche Belastbarkeit der Patienten ermitteln und im Aufbauschritt ein gezieltes Training durchführen lässt, hat Dr. Axel Seuser, Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Kaiser-Karl-Klinik in Bonn, für die saarländischen Kinderonkologen ausgearbeitet.
Sport hat nachweislich auch in der akuten Behandlungsphase von Brustkrebs eine immense Bedeutung. "Der Sport führt zu gesteigerter Fitness und reduziert die Nebenwirkungen der Krebsbehandlung. Übelkeit, Erbrechen und chronische Müdigkeit werden weniger, wenn eine Brustkrebs-Patientin sich regelmäßig moderat sportlich betätigt", erläutert Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.
Kampagnen und Events
"Körperliche Aktivität wirkt sich auf Energiebilanz, Hormonhaushalt, Insulinspiegel und Immunsystem positiv aus." Vor diesem Hintergrund plant die Deutsche Krebshilfe mit dem Deutschen Olympischen Sportbund, dem Thema "Sport und Krebs" gemeinsam mehr Aufmerksamkeit sowohl in der allgemeinen Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen zu verschaffen.
Im Rahmen von angedachten gemeinsamen Kampagnen und Events, aber auch in den Sportverbänden sollen die beiden Themen "Krebs-Prävention durch Sport" und "Sport in der Krebs-Therapie" greifbar gemacht werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Sportvereinen und den Krebs-Selbsthilfegruppen, die von der Deutschen Krebshilfe gefördert werden, soll ebenfalls dazu beitragen, das Thema transparent zu machen und Betroffenen einen unmittelbaren Nutzen zu ermöglichen.
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