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Bestbieter gesucht

Von Thomas Neuwerth

Wirtschaft

Zwei ganz neue Vergabeverfahren. | Alternativangebote eingeschränkt. | Wien. Mit 1. Februar ist es nun also in Kraft getreten - das neue Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG). Es handelt sich dabei um keine Novellierung des bisherigen BVergG aus dem Jahre 2002, sondern um eine Totalrevision. Das bedeutet, dass auch der Aufbau des Gesetzes völlig neu konzipiert wurde.


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Eine unmittelbar erkennbare Folge dessen ist der auf 351 Paragraphen angewachsene Gesetzesumfang, um rund 160 mehr als bisher. Auf den zweiten Blick sieht man jedoch, dass ein Großteil der zusätzlichen Paragraphen daraus resultiert, dass der Gesetzgeber von seiner bisherigen Verweismethode ab- und dazu übergegangen ist, die großen Kapitel getrennt zu regeln, was naturgemäß zu einigen Wiederholungen führt. So etwa im "klassischen Bereich" (also Vergabe durch Auftraggeber wie Bund, Länder, Gemeinden) und im "Sektorenbereich" (Vergabe im Bereich der Wasser-, Energie, Verkehrs- und Postversorgung), wo auch private Auftraggeber auftreten können. Grundlage des neuen Gesetzes sind zwei EU-Richtlinien für den klassischen und den Sektorenbereich, die die Mitgliedstaaten bis spätestens Ende Jänner 2006 umsetzen mussten. Dem ist Österreich nun fristgerecht nachgekommen.

Gänzlich neu sind im BVergG 2006 zwei zusätzliche Vergabeverfahrensarten: Das "dynamische Beschaffungssystem", ein vollelektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, und der "wettbewerbliche Dialog".

Mehrstufiges Verfahren

Letzterer gliedert sich in ein mehrstufiges Verfahren: Ausgangspunkt des "Dialogs" ist, dass der Auftraggeber zunächst ganz allgemein seine Bedürfnisse und Anforderungen formuliert und eine unbeschränkte Anzahl an Unternehmen zur Abgabe von Teilnahmeanträgen einlädt. Danach werden einzelne Firmen ausgewählt und deren vorgelegte Lösungsvorschläge im Rahmen eines Dialogs zwischen Auftraggeber und jeweiligem Bewerber erörtert. Selbstverständlich darf der Auftraggeber keine Vorschläge des einen an den anderen Bewerber weitergeben. Abschließend werden die ausgewählten Lösungen bekannt gegeben und die entsprechenden Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert. Jetzt erst werden Angebote gelegt, die der Auftraggeber nach den allgemeinen Kriterien gegebenenfalls auch ausscheiden kann bzw. muss. Schlussendlich erfolgt dann der Zuschlag, wobei der Auftraggeber immer nach dem Bestbieterprinzip vorgehen muss (das Billigstbieterprinzip ist hier nicht möglich).

Direktvergabe Neu

Eine weitere Neuigkeit betrifft die Abgabe von Alternativangeboten. War das BVergG 2002 noch alternativangebotsfreundlich (sofern in der Ausschreibungsunterlage nicht anders geregelt war, durften Alternativangebote jedenfalls gelegt werden), hat der Gesetzgeber beim BVergG 2006 eine Kehrtwendung vollzogen: In Zukunft dürfen Alternativangebote nur dann gelegt werden, wenn dies in der Ausschreibung ausdrücklich vorgesehen ist. Schließlich kann das neue Gesetz noch mit einer kleinen juristischen Sensation aufwarten: Nach § 132 Abs 3 BVergG ist nämlich ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Bieter als rechtlich nicht existent anzusehen, wenn das Bundesvergabeamt später feststellt, dass eine Direktvergabe, also die formfreie Vergabe ohne vorherige Ausschreibung, an diesen Bieter zu Unrecht erfolgte. In Zukunft werden öffentliche Auftraggeber also genau überlegen müssen, ob ein Auftrag direkt vergeben werden darf oder nicht.

Thomas Neuwerth ist Rechtsan-waltsanwärter der Kanzlei Brauneis-Klauser-Prändl in Wien.