Die Hotel-Märkte mit Zukunft ziehen die starken Marken an.
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Bald wird Wien noch um eine Spur kosmopolitischer sein: Vier Top-Labels der internationalen Hotelbranche - Abteilung Luxus - werden sich in absehbarer Zeit hintereinander in der Bundeshauptstadt niederlassen. Die Eröffnung der neuen Nobel-Absteige Ritz Carlton am Schubertring ist für Ende August geplant. Im Palais Hansen, unweit des alten Börsegebäudes, wird im Frühjahr 2013 das Fünf-Sterne-Hotel Kempinski starten. Im Winter nächsten Jahres soll das piekfeine Park Hyatt in der ehemaligen Länderbank-Zentrale seine Pforten öffnen. Für 2014 ist schließlich die Premiere eines luxuriösen Four Seasons-Hotels geplant, das sich im einstigen Handelsgericht in der Riemergasse auf First-Class-Gäste konzentrieren wird.
Obzwar prominente Ketten wie Hilton, Holiday Inn, Marriott, InterContinental, Sofitel oder Radisson unter den 410 Wiener Hotels mit 28.000 Zimmern längst Fixsterne sind, ist offenbar noch genügend Platz für Fünf-Stern-Adressen. Derzeit stellt die Luxuskategorie erst zehn Prozent des gesamten Zimmer-Angebots, jedes zweite Hotel indes zählt zum Vier-Stern-Segment. Alles in allem geht es um jährlich fast 11 Millionen Nächtigungen, um die sich die etablierte Markenhotellerie verstärkt matchen möchte.
Lukas Hochedlinger vom Immobilienspezialisten Christie + Co. Österreich: "Im Vorjahr belief sich das Transaktionsvolumen bei Wiener Hotelimmobilien auf mehr als 350 Millionen Euro - das war eines der stärksten Jahre." Für den spektakulärsten Deal sorgte die zum Marriott-Imperium zählende Hotelgruppe Ritz Carlton, die sich letztlich in jenes fertige Nest setzte, das Shangri-La in letzter Sekunde verschmäht und folglich nicht eröffnet hatte. Mit dem Ritz Carlton Vienna wird die amerikanische Nobelmarke europaweit 13 Mal vor Ort sein, insgesamt ist sie mit rund 80 Hotels in 28 Ländern präsent.
Ebenfalls große Stücke auf Wien setzt die in Genf ansässige Kempinski-Kette, die mehrheitlich dem thailändischen Königshaus gehört: Ihr CEO Reto Wittwer wird aber vor dem Debüt an der Donau noch sieben Elite-Hotels aufsperren, drei davon in der Volksrepublik und je eines in Moskau, Vilnius, Nairobi und Accra/Ghana. Mit Ausnahme des Münchner Hotels Vier Jahreszeiten, dem geleasten Berliner Hotel Adlon und des Grand Hotels des Bains in St. Moritz, die auch der Gruppe gehören, befasst sie sich mit dem Management der Luxus-Absteigen - so auch bei der Wiener Fünf-Stern-Deluxe-Behausung im Neo-Renaissance-Stil.
Der amerikanische Hyatt-Konzern wiederum setzt sich beim Mega-Projekt des Immobilieninvestors René Benko in Szene. Der gebürtige Tiroler kann sich nunmehr bei der ehemaligen Länderbank-Zentrale auf "eine der weltweit besten, kompetentesten und renommiertesten Hotelmarken" (Benko) verlassen. Geplant sind 143 Zimmer, 35 Suiten sowie ein Penthouse mit 700 Quadratmetern.
Für den vierten Coup steht die 1961 gegründete kanadische Company Four Seasons, an der heute neben Gründer Issy Sharp auch Microsoft-Gründer Bill Gates und der Saudi-Prinz Al-Waleed bin Talal beteiligt sind. Für Four Seasons-CEO Kathleen Taylor passt die Tourismus-Metropole Wien optimal in die Strategie, die Kette um gleich 50 Projekte zu vergrößern. Im heurigen Jahr sind Baku, Guangzhou, Shanghai und St. Petersburg an der Reihe.
Asien heftig umkämpft
Im Kampf der Giganten ist Wien allerdings bloß ein Nebenschauplatz: Zum einen lassen etliche Toplabels überhaupt keine Ambition erkennen, sich für Good Old Vienna zu interessieren, darunter Sheraton, Westin, Mandarin Oriental, Fairmont Raffles, St. Regis oder Waldorf Astoria. Zum andern spielt sich das Match der weltweiten Branchenriesen um Marktanteile und zahlungskräftige Klientel im Normalfall ganz wo anders ab. Die weltweit etwa 1600 Hotelketten, die laut Marktstudie von Smith Travel Research über sieben der weltweit 20 Millionen Hotelzimmer verfügen - als Primus kommt die InterContinental Hotels Group (IHG) auf neun Prozent Anteil -, konzentrieren sich zumeist auf bisher vernachlässigte Zukunftsdestinationen. Laut Datenbank der deutschen TopHotel-Projects GmbH sind derzeit rund um den Globus 5400 Hotelprojekte in Arbeit - das Gros, 2900, im asiatisch-pazifischen Raum.
Hilton, die führende US-Hotel-Gruppe im Luxussegment, die seit Mitte 2007 dem amerikanischen Finanzinvestor Blackstone gehört, kontert mit gebührender Großzügigkeit: Geplant sind für die nähere Zukunft 860 Hotel-Neubauten mit insgesamt 150.000 Zimmern. Hilton-CEO Christopher J. Nassetta will das fast 100 Jahre alte Imperium in möglichst viele Richtungen absichern: Einerseits darf er den Trend zu preisgünstigeren Standard-Nächtigungen nicht verschlafen - und entsprechend reagieren -, anderseits muss er das gewohnte Deluxe-Image ausbauen. Deshalb vervielfältigen sich unter anderem die Pracht-Oasen "Waldorf Astoria" praktisch in aller Welt - von Berlin bis Beijing, von Bangkok bis Montreal beziehungsweise von Amsterdam bis Jerusalem.
Wachsende Reisebranche
Der globale Hotel-Operator Marriott, der im Vorjahr 210 Häuser mit 32.000 Zimmern eröffnet, sich jedoch von 30 mit 6200 Zimmern getrennt hat, wird bis 2014 alljährlich etwa 2,5 Milliarden Dollar investieren und sich um rund 100.000 Zimmer vergrößern. Den Zeitpunkt hält Arne M. Sorenson, der CEO von "Marriott International", für optimal: "Unsere Ergebnisse sind großartig - die globale Reisebranche steht derzeit extrem stark da." Die Schwerpunkte der Expansion sind für ihn Nordamerika und Brasilien, wo die Hälfte der neuen Kapazitäten entstehen, sowie der asiatisch-pazifische Raum, angeführt von China, wo auch mittelpreisige Absteigen entstehen.
Die Starwood-Kette, zu der etwa Sheraton, Le Meridien oder Westin gehören, gibt ebenfalls kräftig Gas: Nach 81 Eröffnungen 2011 Jahr werden heuer eben so viele Hotels dazu kommen. Zuletzt waren unter anderem das Sheraton Madrid, das Le Meridien Istabul und das Westin im chinesischen Xian starklar, demnächst sind Premieren in Bangkok, Macao, Guangzhou und Houston fällig. Für die nächsten vier Jahren stehen 250 neue Häuser am Speisezettel, wobei praktisch keine der zukunftsreichsten Destinationen ausgelassen wird: Am dynamischsten ist das bereits in 70 Ländern mit 421 Hotels präsente Top-Label Sheraton unterwegs, doch auch die Westin-Hotels mit 30 Projekten, St. Regis mit 15 und Le Meridien mit 13 Vorhaben setzen sich gezielt an bisher weißen Flecken, sprich: in immer interessanter werdenden Tourismus- und Businessmetropolen wie Taipeh, Kuala Lumpur oder Buenos Aires fest.
Das 80.000 Mitarbeiter zählende Carlson-Rezidor-Imperium aus Minnetonka/USA wiederum schickt gerade rund 100 weitere Radisson-Hotels ins Rennen. Diese entstehen in nahezu allen Weltgegenden, geballt in Indien (11 Projekte) und Russland (fünf).
Auch kleinere Hotel-Gruppen im oberen Qualitätssegment und solche, die günstigere Tarife für weniger Sterne verlangen, beackern laufend neue Märkte, um in den vielversprechendsten Zielgebieten ihre Chancen wahrzunehmen: Die schwedische Scandic-Gruppe etwa plant, in den kommenden Jahren rund 40 neue Standorte zu errichten. Die internationalen Hotelketten sind somit laufend damit beschäftigt, um- und neu zu bauen, zu kaufen und zu verkaufen, umzustrukturieren und sich bisweilen sogar ganz neu zu erfinden, was beispielsweise soeben der zur französischen Accor-Gruppe gehörende Billig-Anbieter Ibis versucht.
Wien keine Top-Destination
Das alles mutet wie ein überdimensionales Strategiespiel an, bei dem sämtliche CEOs regelrechte Feldzüge in alle Welt planen. Dass sich Österreichs Hauptstadt, wiewohl sie immer wieder für ihre besonders Lebensqualität gelobt wird, bei internationalen Hotel-Profis nicht gerade rasender Beliebtheit erfreut, relativiert ihre Wertigkeit als europäischer Wirtschafts- und Tourismusmagnet zwar etwas - ist aber nicht unbedingt ein Super-GAU: Die Platzhirsche wie Elisabeth Gürtler mit Sacher und neuerdings auch Bristol, das weiterhin von Starwood betrieben wird, oder - eine qualitative Etage darunter - die zum Verkehrsbüro gehörenden Austria Trend Hotels mit gleich 20 Stadthotels in Wien haben eben weniger Stress. Auch wenn die Spitzen-Preise pro Nacht in Wien noch weit unter dem Niveau anderer Großstädte liegen, sind sie ganz und gar nicht traurig, dass der internationale Mitbewerb bisweilen etwa an Ulan Bator in der Mongolei mehr Interesse zeigt als an Österreich.