Der Wiener Aktienmarkt präsentierte sich im Jahr 2003 in einer ausgezeichneten Verfassung. Diese wurde auch dadurch untermauert, dass er nun schon fünf Quartale in ununterbrochener Reihenfolge, also seit dem vierten Quartal 2002, mit einer positiven Performance abschließen konnte. Abgesehen davon schaffte die Wiener Börse drei Jahre in Folge ein Plus, wovon andere Aktienmärkte nur träumen konnten.
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Im internationalen Vergleich war Wien im Jahr 2003 zwar nicht Best-Performer, lag aber trotzdem im Spitzenfeld, und das, obwohl der heimische Aktienmarkt nicht den Aufholbedarf hatte, wie die internationalen Börsenplätze nach den in den Vorjahren erlittenen massiven Verlusten.
Im ersten Quartal 2003 erzielte der ATX immerhin einen leichten Anstieg um 1,1 %, während die meisten internationalen Märkte im Vorfeld des Irak-Krieges wochen- und monatelang gehemmt waren. Dann folgte im zweiten Quartal ein beachtliches Plus von 12,3% und im dritten Quartal ein geringerer Anstieg von 3,5%.
Vor dem Hintergrund einer sich immer stärker abzeichnenden internationalen und nationalen Konjunkturerholung wurde im vierten Quartal wieder der Turbo gezündet. Der ATX erzielte dabei ein Plus von 14,3 %. Im Jahresabstand stieg der Wiener Leitindex um 34,4% und schloss mit 1.545,15 Zählern nur wenige Punkte unter dem am letzten Börsentag verzeichneten Jahreshoch von 1.554,36. Der WBI als Messgröße für den Gesamtmarkt legte um 30,2 % auf 623,75 Punkte zu und der ViDX stieg sogar um 43,5 % auf 861,57 Zähler. Der Wiener Aktienmarkt erzielte jedenfalls die beste Performance der letzten 10 Jahre.
Die ausgezeichnete Entwicklung des Wiener Aktienmarktes hatte gleich mehrere Gründe. In erster Linie waren dies die steigenden Unternehmensgewinne, das wieder erwachte Interesse internationaler Investoren und die Ostphantasie vieler österreichischer Unternehmen. Positive Impulse gingen auch von der staatlich geförderten Pensionsvorsorge aus, bei der 40% des Anlagevolumens in österreichische Aktien investiert werden.
Das gestiegene Interesse für österreichische Aktien kommt auch in den höheren Handelsvolumina deutlich zum Ausdruck. Nachdem im Jahr 2002 das durchschnittliche Handelsvolumen pro Tag mit 55,4 Mill. Euro einen Tiefpunkt erreichte, wurden im Jahr 2003 Aktien im Gesamtwert von mehr als 77 Mill Euro pro Tag umgesetzt, gegenüber dem Vorjahr also ein Plus von rund 40%. Dass die Wiener Börse wieder mehr Beachtung findet, zeigte sich auch im wachsenden Materialangebot durch Kapitalerhöhungen und Neuzugänge oder durch Secondary Public Offering (SPO) wie Andritz, voestalpine oder Böhler-Uddeholm. Kapitalerhöhungen gab es vor allem bei den Immobilienunternehmen Immofinanz, CA Immo AG, conwert und Meinl European Land.
Höchst erfreulich war die Heimkehr von weiteren drei bislang an der Nasdaq Europe in Brüssel notierten Unternehmen. Nach Topcall im Dezember 2002 entschlossen sich Schoeller-Bleckmann, S&T sowie Eybl International für den Schritt an die Wiener Börse. Große Beachtung fand die Wiedereinführung der Aktien der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA). Mit der KTM-Mutter Cross Holding, der Immofinanz-Tochter Immoeast und einer weitere Immobiliengesellschaft, der SEG, fanden im Dezember weitere drei Gesellschaften den Weg an die Wiener Börse.
Einen weiteren Beweis für die ausgezeichnete Entwicklung des heimischen Aktienmarktes lieferte das Top-Segment prime market, wo von den derzeit 39 gelisteten Unternehmen nicht weniger als 34 im Plus lagen und nur fünf ein relativ geringes Minus verzeichneten. Top-Performer war BETandWIN.com, die ihren Kurs mehr als verfünffacht hat. Höchst erfreulich entwickelte sich auch Eybl International, die gegenüber Ende 2002 - damals noch an der Nasdaq Europe - um 176,8 % gestiegen ist. Mehr als verdoppeln konnten ihre Bewertungen auch JoWooD, Brau-Union und RHI.
Enttäuschend war hingegen die Kursentwicklung der Telekom Austria, die auf ein mageres Plus von 1,6 % kam. Die wenigen Kursrückgänge im prime market hielten sich mit minus 9,4 % bei DO & CO bzw. mit minus 5,5% bei Austrian Airlines sehr in Grenzen. Die übrigen Rückgänge bewegten sich gerade einmal im Wahrnehmungsbereich.
Bei den im standard market zu fortlaufenden Kursen gehandelten einheimischen Aktien stiegen Lenzing um 36,8 % und bauMax um 12,7%. Die übrigen Kurserhöhungen, wie auch die Rückgänge, fielen nur marginal aus. Bei den im gleichen Marktsegment zu Einheitskursen gehandelten Werten stachen einige hochvolatile Papiere hervor, wie TG Holding (vormals Caravelle bzw. Hild) Stamm mit plus 920% und Agra Tagger mit plus 125 %. Bank Burgenland (+ 113 %) profitierten vom Aktienrückkauf durch das Land Burgenland. Die Verlierer waren neben BlueBull (- 84 %), webfreetv (- 72 %), igm Stamm (- 67,2 %), CLC (- 64,7 %) und Inku (- 51,1 %).
Werner M. Szabó ist Redakteur der Zeitschrift bankundbörse