Bundeskanzler Christian Kern war als einziger EU-Regierungschef beim Internationalen | Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg zu Gast. Die OMV vertieft ihre Zusammenarbeit mit Gazprom.
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Sankt Petersburg. Die goldene Kuppel der Isaakskathedrale, der Winterpalast und die blauen Wogen der Newa: Postkarten-Motive aus Sankt Petersburg flimmern über die Bildschirme im halbrunden Plenarsaal. Von "Millionen Möglichkeiten" ist in einem Animationsfilm die Rede, bevor der russische Präsident Wladimir Putin die Bühne betritt.
Putin liebt die große Inszenierung. Doch beim diesjährigen Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg konnte man die Staatschefs an seiner Seite an einer Hand abzählen: Neben dem indischen Premier Narendra Modi und dem moldauischen Präsidenten Igor Dodon war auch der österreichische Bundeskanzler Christian Kern auf dem Podium, als "Ausdruck der Verbundenheit" zwischen Österreich und Russland, so Kern in seiner Rede. Der Kanzler hat Putin zum Hahnenkamm-Rennen nach Kitzbühel eingeladen.
OMV besiegelt Abkommen
Kern verfolgte in Sankt Petersburg aber vor allem eine Mission fernab der großen Bühne: Er wollte für politischen Rückenwind für die österreichisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen sorgen. Konkret wurden am Freitag gleich mehrere Abkommen zwischen der teilstaatlichen OMV und der russischen Gazprom unterzeichnet. So will die OMV fortan nicht nur im Gas- sondern auch im Ölsektor enger mit den Russen kooperieren. Ein dementsprechendes Abkommen wurde mit Gazprom Neft, der Öltochter von Gazprom, unterzeichnet. Dabei soll es vor allem um die Ölförderung im Iran gehen. Damit solle eine "Brücke zwischen Russland und dem Mittleren Osten geschlagen" werden, sagt OMV CEO Rainer Seele. Wenngleich es vorerst nur um eine Zusammenarbeit im Ölsektor geht, werde eine Ausweitung auf den Gassektor "nicht ausgeschlossen", so OMV Upstram Vorstand Johann Pleininger.
Aber auch in Russland selbst will die OMV stärker Fuß fassen. So sei es ein "übergeordnetes Ziel", mit Gazprom im Ölsektor auch in Russland zusammen zu arbeiten. "Unsere Technologien, die wir in Österreich entwickelt haben, passen perfekt zu den Ölfeldern von Gazprom Neft in Russland", sagt Seele. Dabei geht es vor allem um "Technologietransfer und den Zugang zu Lagerstätten." Weiters gibt es eine Kooperationsvereinbarung, um die Gasinfrastruktur zu entwickeln. À la longue soll dadurch der Central European Gas Hub in Baumgarten gestärkt werden. Die OMV und Gazprom wollen künftig auch bei LNG-Anlagen am Schwarzen Meer kooperieren. Bedenken wegen der Sanktionen infolge der Krim-Annexion und des Krieges im Donbass sieht Seele nicht - im Gegenteil, eher "eine größere Flexibilität."
In der Ukraine-Krise vertritt der österreichische Kanzler die Dialektik der österreichischen Außenpolitik: Wirtschaftlich Flagge zeigen und die Kontakte ausbauen, ohne die EU-Sanktionen - zumindest offiziell - in Frage zu stellen. Gespräche zum Treffen hätte es bereits "seit Monaten" gegeben, einen Zusammenhang mit den Neuwahlen im Herbst bestreitet Kern. Die Initiative, dass Kern ausgerechnet zum Wirtschaftsforum kommt, sei von russischer Seite gekommen. Es ist der erste Besuch eines österreichischen Bundeskanzlers bei einem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg.
Über wenig Besuch aus Österreich konnte sich der Kreml zuletzt wahrlich nicht beklagen - fernab aller politischer Couleur. Dieser Tage reiste Innenminister Wolfgang Sobotka nach Moskau, um mit seinem Amtskollegen Wladimir Kolokolzew über Terrorismusbekämpfung und Cyberkriminalität zu sprechen. Der damalige Präsident Heinz Fischer besuchte Moskau vor einem Jahr, Bundeskanzler Werner Faymann die Olympischen Spiele 2014. Die FPÖ unterzeichnete im Winter eine Kooperationsvereinbarung mit der Kreml-Partei "Einiges Russland".
Für Aufsehen sorgte der Besuch Putins bei der österreichischen Wirtschaftskammer im Mai 2014, als Putin nach Wien eingeladen wurde - wenige Wochen nach der russischen Annexion der Krim und quasi zeitgleich mit dem Kriegsausbruch in der Ostukraine. Bei der Wirtschaftskammer wird betont, wie gut man sich verstehe - fernab der "Weltpolitik" und der "geopolitischen Lage". Der Krieg in der Ostukraine, in dem Russland die Separatisten maßgeblich unterstützt, hat laut UN-Angaben bisher 10.000 Tote gefordert.
Großinvestor EU
Kerns Schwenk nach Moskau fällt hingegen in eine Zeit, in der Russland wirtschaftlich wieder stärker um seine europäischen Partner bemüht. Der zuletzt von Moskau angekündigte Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den asiatischen Partnern wie China ist doch schwieriger, als gedacht. Obwohl das Handelsvolumen zuletzt abgenommen hat, ist die EU mit 191 Milliarden Euro (2016) noch immer mit Abstand der wichtigste Handelspartner für Russland.
Die EU ist aber auch der größte Investor in Russland. Drei Viertel der ausländischen Direktinvestitionen in Russland kommen von den EU-Mitgliedsstaaten. Letztlich fehlt dem "Schwenk nach Osten" die wirtschaftliche Substanz: 2016 ist der russisch-chinesische Außenhandel auf knapp 70 Milliarden Dollar angestiegen, ein mageres Plus von zwei Prozent.
Derweil hat der Außenhandel zwischen Russland und Österreich wieder angezogen. In den ersten zwei Monaten 2017 sind die Exporte nach Russland um 41 Prozent gestiegen, insgesamt ist der Außenhandel zwischen Österreich und Russland um 36,4 Prozent auf 856 Millionen gestiegen. Wenngleich der Handel zuletzt von einem niedrigen Niveau gestartet sind, sei das eine "Trendwende", heißt es aus dem österreichischen Außenwirtschaftscenter in Moskau. Dennoch kam das Exportvolumen heute nur noch auf die Hälfte, als im Rekordjahr 2013.