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Betreuung mit Risikofaktor

Von Bettina Figl und Martina Madner

Politik

Nur Tests und Impfen können das Covid-19-Risiko in Kindergärten senken - Abstand und Maske sind nicht praktikabel.


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Seit 7. Jänner geht Max wieder täglich in den Kindergarten, "aber mit Bauchweh, wegen der Ansteckungsgefahr", sagt sein Vater Florian Thür. Vor Weihnachten hatten die Thürs versucht, die Betreuung des Dreieinhalbjährigen zu Hause zu organisieren. Rund zweieinhalb Monate lang habe man sich im Homeoffice und bei der Betreuung abgewechselt: "Conny hat morgens von sechs bis neun Uhr gearbeitet. Ich dann bis zwei, dann wieder sie bis vier, und ich habe danach meine Arbeit fertig erledigt - manchmal bis spät in den Abend hinein", sagt der Grafiker. "Das war ein ziemlicher Aufwand und das Irrwitzige ist: Obwohl wir im selben Haushalt leben, hatten wir kein gemeinsames Familienleben."

Die Thürs sind kein Einzelfall. Zorana Tomic, Mutter einer Fünfjährigen und eines Zweijährigen, sagt: "Beide verbringen keine Minute länger als notwendig im Kindergarten, auch um die Pädagogen zu entlasten. Aber: Ich kann in einem systemrelevanten Beruf die Betreuung nicht in die Abendstunden aufschieben." Überhaupt kein Kindergarten "wäre auch nicht gut für die Entwicklung des Kindes", ergänzt Sophie Gruber, eine weitere Mutter.

Laut einem APA-Rundruf waren nach Weihnachten 40 bis 86 Prozent der Kinder in den Kindergärten. Diese setzen zwar auf mehr Desinfektion, kleinere Gruppen und keine Durchmischung, seit kurzem wird das Personal auch einmal die Woche getestet. Zugleich verbreitet sich das Virus, möglicherweise auch die ansteckenderen Varianten auch in Kindergärten. In Salzburg tauchten Ende Jänner Cluster auf, ein Kindergarten in St. Johann im Pongau, einer in Wals-Siezenheim im Flachgau.

Das Vorscreening mittels PCR-Test brachte in neun der 26 Fälle Hinweise auf Mutationen. Die britische Variante wurde mittels Sequenzierung bestätigt, die zwei südafrikanischen Verdachtsfälle aber stellten sich als falsch heraus. Die für Kindergärten zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (Neos) sagt nichtsdestotrotz, sie habe zwar großes Verständnis dafür, dass "Eltern ihre Kinder nicht über elf Monate zu Hause betreuen können." Aber: "Mit den Mutationen habe ich zum ersten Mal an die Eltern appelliert, dass nur jene Kinder gebracht werden, wo es wirklich notwendig ist."

Dichte an Kindern reduzieren

Auch in Salzburg waren vor Weihnachten weniger als 40 Prozent, danach aber zwei Drittel der Kinder wieder in den 600 Kindergärten des Landes zur Betreuung. "Wir haben bis 21. Februar die Elternbeiträge übernommen, man kann die Kinder auch einzelne Tage zu Hause lassen", sagt die Landesrätin.

Weniger Kinder, damit weniger Ansteckungsrisiko für die Betreuten wie das Personal wären auch in Oberösterreich wünschenswert. "Uns ist klar, dass die Eltern sie nicht aus Jux und Tollerei schicken, sondern weil sie Bedarf haben, aber jeder Beitrag der Eltern, um die Dichte zu reduzieren, wäre sinnvoll", sagt Edith Bürgler-Scheubmayr, die für 350 Kindergärten mit knapp 3.000 Mitarbeiterinnen und 20.000 Kinder der Caritas-Kindergärten in Oberösterreich verantwortlich ist - schließlich sind aktuell rund 77 Prozent in Betreuung.

Mit den Berufsgruppentests einmal pro Woche und zusätzlichen 45.000 Antigen-Selbsttests für das Personal sei in Oberösterreich zwar "ein erster enorm wichtiger Schritt gesetzt", sagt Bürgler-Scheubmayr. Ihr sei aber bewusst, dass "wir damit Infektionen nicht verhindern können, vor allem wenn man über den Status der Kinder nichts weiß".

Intensivierung der Testungen

Eine Wiener Handelsangestellte und Mutter zweier Kinder, deren Sohn nach den Ferien zweimal pro Woche in der Schule getestet wird, will sich ab kommender Woche selbst regelmäßig testen lassen - weil "in den nächsten Wochen bestimmt viel los sein wird, möchte ich es für mich und meine Familie machen". Schließlich werde ihre Tochter Emma mit dem Wiederaufsperren des Handels wieder in den Kindergarten gehen. Viele Eltern haben auch kein Problem mit einer Testung ihrer Kinder, "sofern der Test für das Kind machbar ist, ohne Schmerzen und sicher ist", sagt etwa Gruber.

In Wien und Oberösterreich sind für Kindergartenkinder aktuell keine Anterio-Nasal-Tests, mittlerweile besser als Nasenbohrertests bekannt, vorgesehen. Auch nicht in Salzburg: "Für unter Sechsjährige gibt noch immer keine zugelassenen Tests. Solange kann ich sie auch nicht empfehlen", sagt Klambauer. "Aktuell ist außerdem eine Art Lutscher für junge Kinder in Entwicklung. Da wären viele unserer Eltern freiwillig sofort mit dabei. Ich hoffe, da tut sich bald was", sagt auch Susanna Haas, pädagogische Leiterin der 88 Kindergärten der St. Nikolausstiftung in Wien.

Auch in Wien und in Salzburg wurden zusätzlich zu den einmal wöchentlichen Teststraßen- und Apothekentests Antigenschnelltest für das Personal verschickt. "In Salzburg einer pro Woche und Person. Das ist das, was wir über das Faßmann-Kontingent bestellen konnten. Ich warte mal ab, wie die Rückmeldungen sind", sagt Klambauer. Bei mehr Nachfrage würden mehr Testkits zur Verfügung gestellt.

Wegen der akuten Mutationsproblematik wurden in Salzburg im Übrigen bei Infektionen alle Kontakte erster Kategorie, die Pädagoginnen und Kinder der Gruppe, ein zweites Mal getestet. "Auch K2-Personen werden aktuell getestet, wir müssen da extrem vorsichtig sein", sagt die Landesrätin. Mitte der Woche waren vier Kindergärten in Salzburg von 600 geschlossen, gestern kam wieder einer dazu.

In Wien, wo es ab Montag für die, die im Herbst mit der Schule beginnen, wieder Kindergartenpflicht gibt, sei das Testen mit einer größeren Dichte an Möglichkeiten einfacher, erläutert Haas. Die Berufstestung werde vom Kindergarten abgeholt, sie würde sich nur weniger bürokratischen Aufwand wünschen.

Warten auf die Impfung

Die Pädagoginnen tragen FFP2-Masken beim ohnehin selteneren Kontakt mit Eltern oder Kolleginnen. "In der Gruppe ist das eher eine theoretische Alternative", sagt Haas allerdings. "Wir sind körperlich auch sehr aktiv, sprechen ununterbrochen mit Kindern. Die brauchen die Mimik auch für das Erlernen der Sprache."

Eine echte Risikominimierung wäre demnach die Impfung. Die pädagogische Leiterin ist froh, dass Kindergartenpersonal nun zeitgleich mit jenem von Schulen im Impfplan vorgesehen ist. "Laut ersten Meldungen wären wir gemeinsam mit Fleischern und Stewardessen gereiht gewesen. Eigentlich wäre es sinnvoll, die Elementarpädagogik nochmals vorzuziehen. Wir können keinen Abstand halten, die Kinder sitzen ja auf uns drauf, wenn sie traurig oder müde sind", sagt Haas. Auch Gruber hätte sich als Elternteil gewünscht, dass sie mit dem Krankenhauspersonal gleichgestellt würden. Dem ist nun nicht so. In Wien sind sie laut dem am Donnerstag konkretisiertem Impfplan nun im Laufe des März dran, in Salzburg und Oberösterreich gibt es noch keine Termine - aber auch hier heißt es, zeitgleich mit Schulen.