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Manfred "Odin" Wiesinger ist ein Betriebsunfall der österreichischen politischen Kultur. Ein Malheur, das eigentlich nicht passieren sollte, aber irgendwie auch wieder nicht verhindert werden konnte. Jedenfalls nicht, wenn man mit dem grundsätzlichen Prinzip, das hinter der Entsendung des eigenwilligen Malers vom hart rechten Rand in den Kulturbeirat des Landes Oberösterreich steht, nicht brechen will.
Denn die FPÖ hat mit dieser Personalie, die seit Bekanntwerden zwischen Linz und Wien Wellen schlägt, lediglich von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eine Person ihres Vertrauens für dieses Gremium zu benennen. Genauso, wie es alle anderen befugten Parteien eben auch handhaben. Und in diesem Fall eben als gezielte Provokation. Wie sonst soll man die Auswahl eines Malers verstehen, dessen Werke auf Plattformen präsentiert werden, die offen mit der Ästhetik der NS-Zeit spielen.
Parteien galten einmal als Garant, dass die Interessen von "Menschen wie du und ich" berücksichtigt wurden, dass die ganze Gesellschaft entsprechend ihrer Vielfalt auch repräsentiert wurde.
Das ist lange her. Zwar sind die Parteien in unserer repräsentativen Massendemokratie noch immer unersetzlich. Aber längst nicht mehr wegen ihrer Repräsentativität, sondern vor allem, weil sie den politischen Prozess auf allen Ebenen strukturieren, weil sie die Themen setzen und das Personal rekrutieren. Das alles machen die Parteien nicht allein, und trotzdem drücken sie der Politik ihren Stempel auf.
ÖVP und SPÖ haben sich allerdings nie diese Selbstbeschränkung auf Politik im engeren Sinne auferlegt. Der Anspruch der einstigen Großparteien - gestützt auf Mitgliederzahlen, die einst nahe an der Millionengrenze lagen - war stets einer auf gesamtgesellschaftliche Gestaltung. Von daher war es in ihren Augen nur recht und billig, dass sie sich selbst das Recht einräumten, die Republik bis in die hintersten Winkel zu durchdringen.
Davon konnte bei den anderen Parteien nie die Rede sein. Nicht bei der FPÖ, und auch nicht bei Grünen oder Neos. Aber diese anderen Parteien profitierten vom rot-schwarzen Vertretungsanspruch, mit dem sie sich selbst das Recht zuwiesen, ihre direkten Vertreter in die unzähligen Kommissionen, Beiräte und Aufsichtsräte dieser Republik zu entsenden, die im Schatten jeder Politik auf allen Ebenen nur so aus dem Boden schießen.
Wenn nun die FPÖ beginnt, das Vorrecht der Parteien bei der Besetzung der diversen Gremien für gezielte politische Provokationen zu nutzen, könnte es sein, dass sich die übrigen Parteien zu einem hierzulande seltenen Schritt entschließen: sich selbst zurückzunehmen und auf Besetzungsrechte zu verzichten.