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Betrug am Bau soll unattraktiv werden

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Subunternehmer bekommen nur noch 80 Prozent des Lohns. | Jungunternehmer sind benachteiligt. | Wien. Es werden immer schwerere Geschütze aufgefahren, um dem Abgaben-Betrug am Bau einen Riegel vorzuschieben.


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Neben der Verpflichtung, Dienstnehmer noch vor Arbeitsbeginn zur Sozialversicherung anzumelden, sollen Auftraggeber am Bau nun künftig mit 20 Prozent des Werklohns für ihre Subunternehmer dafür haften, dass diese für ihre Dienstnehmer ordnungsgemäß die Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben. Die Bestimmung wird in der Regel Generalunternehmer treffen, die Bauaufträge angenommen haben und einzelne Leistungen an andere Firmen weitergeben. Privatpersonen sind ausgenommen.

Enorme Schäden

Die Auftraggeberhaftung für die Sozialversicherung knüpft gewissermaßen an das Reverse-Charge-System bei der Umsatzsteuer an. Seit 2003 muss der Auftraggeber die gesamte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Damit hat man den im Bauwesen gängigen Vorsteuerbetrug aus der Welt geschafft. Früher haben Subunternehmer oft die Umsatzsteuer dem Auftraggeber in Rechnung gestellt, ohne diese dann in Folge an den Fiskus abzuführen. Die Einführung des Reverse-Charge-Systems hat der Finanz jährlich 350 Millionen Euro Mehreinnahmen bei der Umsatzsteuer gebracht.

Durch die neue Auftraggeberhaftung am Bau soll nun das Loch auch bei den Sozialversicherungen gestopft werden. Scheinfirmen verursachen durch Sozialbetrug jährlich immerhin einen Schaden von knapp 100 Millionen Euro.

Auftraggeber können sich allerdings von der Haftung befreien, indem sie ihren Subunternehmern nur 80 Prozent des vereinbarten Lohns ausbezahlen und die restlichen 20 Prozent direkt an die Sozialversicherung abliefern. Der Subunternehmer muss dann nur mehr die Differenz seiner Beitragsschulden zahlen. Wurde mit den 20 Prozent des Werklohns mehr gezahlt, als der Subunternehmer der Sozialversicherung eigentlich schuldet, so kann er im Folgemonat die Auszahlung des überschüssigen Betrags verlangen.

Brave Subunternehmer genießen allerdings eine Art Vertrauensvorschuss. Wer sich bisher nichts zu Schulden kommen hat lassen, seit mindestens drei Jahren aktiv Bauaufträge abwickelt und keine Beitragsrückstände bei der Sozialversicherung hat, kann die Aufnahme in die Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen beantragen. An Subunternehmer, die auf dieser Liste stehen, kann der Auftraggeber sorglos den ganzen Werklohn ausbezahlen. In diesem Fall ist er nämlich von der Haftung befreit.

Verzögerung möglich

Michael Steibl, Geschäftsführer des Vereins industrieller Bauunternehmungen, sieht hier einen enormen technischen Mehraufwand auf die Auftraggeber zukommen. Schließlich müsste man tagesaktuell eruieren, ob der Subunternehmer auf der haftungsfreistellenden Liste steht, damit man weiß, ob man ihm den ganzen Werklohn oder eben nur 80 Prozent ausbezahlen darf. Diese Bedenken versteht auch Sozialminister Erwin Buchinger, der für das neue Gesetz zuständig ist. Er hat deshalb zugesichert, dass das Gesetz nicht in Kraft treten wird, bevor es hier keine technische Lösung durch den Hauptverband der Sozialversicherungen gibt. Der geplante Termin für das Inkrafttreten ist der 1. Jänner 2009.

Die Liste macht allerdings noch aus anderen Gründen Probleme. Wegen der drei-Jahres-Voraussetzung, die auf den Wunsch der Bauindustrie aufgenommen wurde, haben Jungunternehmer keine Chance, auf die Liste zu kommen. Ihnen entsteht somit ein Liquiditäts-Nachteil, da der Auftraggeber nur 80 Prozent des Werklohns überweisen könnte, wenn er sich von seiner Haftung gegenüber der Sozialversicherung befreien will.

Jungunternehmer müssen den Auftraggeber also mit anderen Mitteln - etwa einer Bankgarantie - von ihrer Seriosität überzeugen, damit sie den ganzen Werklohn bezahlt bekommen.

Hier wären dann die Förderinstitutionen gefragt, Jungunternehmer am Bau mit Ersatzlösungen zu unterstützen.