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Betrug bei den "Königlichen"

Von Saskia Jansens

Wirtschaft

Das Urteil wird am Montag verkündet. | Streit um Konsolidierung einer | US-Konzerntochter. | Hilversum . Der Fall Ahold von 2003 gehört in eine Liga mit den Betrugsfällen Enron und Parmalat. Am Montag wird das Urteil gegen die Ex-Chefs erwartet, die Milliardenwerte vernichtet haben.


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Der Lebensmittelkonzern Ahold ist aus der Supermarktkette hervorgegangen, die Stammvater Albert Heijn 1887 gegründet hatte. Auf dem Höhepunkt seiner Geschichte 2003 hatte er weltweit 400.000 Beschäftigte und 40 Millionen Kunden. Außerhalb des Heimmarktes ist er auch auf der iberischen Halbinsel, in Osteuropa, Skandinavien und den USA aktiv.

1987 wurde der Konzern sogar mit dem "Adelstitel" geehrt, mit dem Recht, sich "königlich" zu nennen. Das Recht auf dieses Prädikat könnte Ahold nun verlieren. Denn am Montag wird das Urteil gegen den einstigen Ahold-Chef Cees van der Hoeven, seinen Finanzchef und zwei andere ehemalige Ahold-Manager verkündet.

Es geht um einen Betrugsfall bei der Tochterfirma US Foodservice. Als der Betrug im Februar 2003 bekannt wurde, sank der Kurs der Ahold-Aktien an einem Tag um 70 Prozent auf unter 3 Euro. Innerhalb weniger Stunden wurden so 8 Mrd. Euro vernichtet. Die Aktionäre ließen das nicht auf sich sitzen: Ende 2005 zwangen sie Ahold zu einer Entschädigung von 1,1 Mrd. Dollar.

Umsatz geschönt

Stein des Anstoßes ist die Art der Konsolidierung der Konzerntochter. Ahold besaß zwar nur die Hälfte des Unternehmens, gemäß den strengen US-Buchhaltungsregeln mussten die Revisoren aber festhalten, dass Ahold die entscheidende Stimme hatte. Der Konzern stellte einen entsprechenden "Kontrollbrief" aus. Entsprechend wurde der Umsatz der US-Tochter voll dem Konzern angerechnet. Das trieb den Ahold-Umsatz um 800 Mio. Euro hoch. Aholds Geschäftspartner dagegen fanden an der "Kontrolle" durch die Niederländer kein Gefallen. Sie erhielten deshalb von Ahold einen geheim gehaltenen Brief, dass die Niederländer keine Kontrolle ausübten.

Die geschönten Umsatzzahlen entsprachen dem grenzenlosen Ehrgeiz van der Hoevens. Er drängte seit seiner Wahl 1993 auf Wachstum. Über 50 Übernahmen gingen auf sein Konto. Die Aktionäre konnten jedes Jahr mit einem Gewinn von bis zu 15 Prozent rechnen.

Urkundenfälschung

Die Anklage beschuldigt van der Hoeven und die drei andern Spitzenmanager unter anderem der Urkundenfälschung. Die Führung sei verantwortlich für eine Unternehmenskultur, in der Ehrlichkeit nichts gegolten habe. Sie verlangt Gefängnisstrafen zwischen 12 und 20 Monaten, von denen nur 6 Monate bedingt ausgesetzt werden können. Mit einem solchen Urteil kämen die Manager noch gut weg. In den USA müssten sie mit Gefängnisstrafen von bis zu 360 Monaten rechnen. Die niederländische Wirtschaft sei durch den Betrug ernsthaft geschädigt, so die Anklage. Die Verteidigung van der Hoevens macht geltend, dieser habe erst Ende 2002 von den Briefen erfahren. Der Finanzchef, dessen Unterschrift die Briefe tragen, will sie ungelesen unterzeichnet haben. Die Meinung der Niederländer ist jedenfalls gemacht. Laut einer Umfrage meinen 55 Prozent, van der Hoeven verdiene die Gefängnisstrafe.