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Es ist immer wieder bestürzend, welche Probleme an sich als vertrauenswürdig einzuschätzende Organisationen mit der Meinungsfreiheit haben, wenn es nicht nach ihrem Willen geht. So sind der Daimler-Konzern und der Südwestrundfunk (SWR) nicht einer Meinung, ob ein Beitrag eines SWR-Journalisten, der sich im Mai 2013 bei Daimler als Leiharbeiter eingeschlichen hatte und die dortigen Zustände beschrieb, rechtens war oder nicht. Der Meinung darf man durchaus sein - dafür gibt es Gerichte. Dass nun aber der Rechtsbeistand von Daimler allen Ernstes forderte, dass der Intendant des SWR in Beugehaft genommen werden sollte, wenn der Sender die Bilder nochmals zeigt, kann man nicht mehr nur mit einem irritierten Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Klar würde das den Managern gut passen, den Vorgesetzten eines Aufdeckungsjournalisten als Rache für dessen Insubordination in den Bau zu stecken, doch sollte man sich überlegen, ob man mit derart absurden Vorschlägen den Schaden nicht noch größer macht. Was denn nicht noch alles? Hundert Stockhiebe für nicht genehme Leitartikel? Steinigungen für kritische Reportagen? Ein paar Drehungen an der Streckbank für das Drucken nicht autorisierter Interviews?
Klar ist es ärgerlich, wenn Daimler die Präsentation der S-Klasse durch eine unangenehme Reportage verhagelt wird, nur ist das kein Grund für einen Vernichtungsfeldzug. Vielmehr wäre ein professioneller Umgang mit den Vorwürfen angesagt: inklusive einer kritischen Prüfung, ob die Anschuldigungen tatsächlich keine Berechtigung haben.