SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas verlässt die Politik und geht an die US-Eliteuni Stanford.
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Wien. Ihr letzter Vorstoß kam vor einer Woche. Da schlug Laura Rudas die Abschaffung der Matura vor. Dienstagfrüh erklärte SPÖ-Chef Werner Faymann, das stehe nicht zur Diskussion. Kurz darauf gab Rudas ihren Rückzug aus der Politik bekannt.
Natürlich hat das eine - das Nein des Kanzlers und SPÖ-Chefs zur Matura-Abschaffung - mit dem anderen - Rudas’ Abschied aus der Politik - nichts zu tun. Aber es macht deutlich, wie sehr Rudas in die politische Bedeutungslosigkeit zu rutschen drohte. Die große rote Nachwuchshoffnung, der einstige Shootingstar der Wiener SPÖ drohte zu verglühen. Dabei hatte sie innerhalb weniger Jahre eine bemerkenswerte Politkarriere hingelegt.
Von Döbling nach Rudolfsheim-Fünfhaus
Aufgewachsen im bürgerlichen Wiener Bezirk Döbling, wurde Laura Rudas dann ausgerechnet im Arbeiterbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus politisch aktiv. Dort baute sie - parallel zu ihrem Politikwissenschaftsstudium - die Sozialistische Jugend auf und wurde 2003 mit einem Sitz in der Bezirksvertretung belohnt. Schon ein Jahr später saß sie im Wiener Gemeinderat - mit gerade einmal 23 Jahren.
Es waren weniger die großen politischen Ideen, die die Tochter eines bekannten Wiener Psychologen auszeichneten, als die Loyalität und die Bereitschaft, für die Partei unermüdlich zu laufen. (Auch die Tatsache, dass ihr Onkel Andreas Rudas einst ein Großer in der SPÖ war, dürfte zumindest nicht hinderlich gewesen sein.) Der Einsatz machte sich bezahlt. Vor allem Werner Faymann, aufstrebender Wiener Wohnbaustadtrat, hielt große Stücke auf sie. Dem Vernehmen nach wurde Rudas von Faymanns Frau Martina "entdeckt" und ihrem Mann empfohlen.
Von da an war der politische Weg der beiden nicht mehr zu trennen. Als Faymann als Verkehrsminister 2007 in die Bundespolitik wechselte, stieg Rudas von der Gemeinde- zur Nationalrätin auf. Als Faymann 2008 Bundeskanzler wurde, machte er Rudas zur SPÖ-Bundesgeschäftsführerin. Dabei war Faymann nicht nur ihr Protegé, sondern auch ihr Vorbild, etwa in Sachen Pragmatismus. Zum Beispiel im Jänner 2007: Während Ex-ÖH-Chefin Barbara Blaha aus Protest über die Nicht-Abschaffung der Studiengebühren aus der SPÖ austrat, erklärte zwar auch Rudas, dass sie weiter gegen Studienbeiträge sei, setzte sich aber dennoch mit einem "der Wahlkampf ist vorbei" in den Nationalrat.
Wie Faymann umgab sich auch Rudas fortan mit einer Schar treuer Anhänger - von "Lauras Buberlpartie" war mitunter die Rede -, für die dann auch der eine oder andere Posten abfiel. Niko Pelinka wurde ORF-Stiftungsrat, Peko Baxant wurde Gemeinderat, Raphael Sternfeld (jetzt Pressesprecher von Eugen Freund) war ebenso im Kanzlerkabinett wie Nedeljko Bilalic.
So effizient ihre Personalpolitik war, so durchwachsen war ihre Bilanz als Bundesgeschäftsführerin insgesamt. Das lag unter anderem daran, dass mit Rudas und dem Steirer Günther Kräuter zwei in die Parteizentrale in der Löwelstraße gesetzt wurden, die miteinander einfach nicht konnten. Schon bald begann das Murren in der Partei: Kommunikationsmängel wurden kritisiert, die Mobilisierung in der Partei klappte hinten und vorne nicht. Dazu kam, dass sich Rudas in der Öffentlichkeit nicht gerade mit Souveränität auszeichnete. Sie sei visionslos, gebe nur Stehsätze von sich, sei rhetorisch unbedarft.
Faymann ziehtdie Reißleine
An Rudas selbst schien die Kritik abzuperlen. Doch als die Partei - und als Kampagnenmanager letztlich die Bundesgeschäftsführer - die Berufsheer-Volksbefragung vergeigte, sah auch SPÖ-Chef Faymann Handlungsbedarf. Schließlich drohte die Nationalratswahl im Herbst 2013 verloren zu gehen. Kräuter wurde in die Volksanwaltschaft abgeschoben und Norbert Darabos, der schon 2006 den erfolgreichen SPÖ-Wahlkampf gemanagt hat, übernahm im März 2013 wieder das Ruder in der Parteizentrale.
Von diesem Moment an war Rudas politisch praktisch abgemeldet. Reichlich Zeit also, um sich Gedanken über eine Zukunft abseits der Politik zu machen. Nachdem sie 2008 ihr Politikwissenschaftsstudium mit einer Arbeit über "Soziale Selektion im österreichischen Schulsystem" abschloss, kehrt sie nun auf die Schulbank zurück. In Stanford wird sie das einjährige Master-Programm "Master of Science in Management for Experienced Leaders" absolvieren. Eine Rückkehr in die Politik sei danach nicht geplant. Damit verliert die SPÖ ihre einstige Nachwuchshoffnung. "Verheizt", meinen manche. Mit Katharina Kucharowits (30) hat die SPÖ aber schon einen neuen loyalen Shootingstar am Start.