Zum Hauptinhalt springen

Bewegung im Koalitionspoker

Von Christine Zeiner

Europaarchiv
Geht es nach FDP-Landesparteichef Pinkwart, gibt es Koalitionsgespräche nur unter Voraussetzungen: SPD und Grüne müssten sich von "Extremisten" abwenden. Foto: reu

Koch will Finanzierbarkeit von Regierungsprojekten überprüfen lassen. | Rüttgers möchte Ministerpräsident bleiben. | Berlin. Kaum ist die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vorüber, hören die Deutschen von ihren Politikern wieder klare Worte. Diese hätten sie besser schon vor der Wahl gesprochen, sagten der Wirtschaftswissenschafter Henrik Enderlein im ZDF-Mittagsmagazin und Ex-Kanzler Helmut Schmidt (SPD) in der "Zeit". Denn lange Zeit hatte sich Kanzlerin Angela Merkel um Zusagen für Hilfen für Griechenland herumgedrückt; dem Euro hat das nicht gut getan.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Auch das unpopuläre Thema Steuersenkungen sollte vor der Wahl nicht angerührt werden. Nachdem Merkel schließlich am Montag erklärt hatte, dass es diese doch nicht geben werde, verkündete am Dienstag ihr Stellvertreter in der CDU, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, man müsse überprüfen, was von den Regierungsprojekten überhaupt noch finanzierbar sei.

Dazu zählt Koch freilich nicht Teile des im Dezember beschlossenen sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, das sehr umstritten ist: Hier finden sich etwa die Steuererleichterungen für Hoteliers wieder.

Tauziehen um Bildung

Koch hat vielmehr die Garantie für Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren im Blick. Und dass die Bildungsausgaben auf zehn Prozent steigen sollen, könne wohl auch nicht so schnell umgesetzt werden wie ursprünglich vereinbart. Das wäre eine "Katastrophe", sagt der Ökonom Rudolf Hickel von der Uni Bremen zur "Wiener Zeitung". "Natürlich müssen die Haushalte saniert werden, aber in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation muss man den Mut haben zu investieren." Andernfalls würge man das Wachstum ab. Roland Koch habe die Wahlniederlage seiner Partei in Nordrhein-Westfalen offensichtlich nicht verstanden, kommentierte die SPD-Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, die Aussagen.

Doch in Nordrhein-Westfalen will die CDU von einer Niederlage nichts mehr wissen: Das Wahlergebnis sei zwar "schwierig", aber es gebe auch ein paar "klare Hinweise", erklärte der amtierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. "Das Wichtigste: Die CDU bleibt weiter die größte politische Kraft." Die Union war am Sonntag bei der Landtagswahl um 10,2 Punkte auf 34,6 Prozent abgestürzt. Sie liegt damit um nur rund 6000 Stimmen vor der SPD, die auf 34,5 Prozent kam. Rüttgers kämpft dennoch um das Amt des Ministerpräsidenten: "Das ist wie im Fußball, wie in der Bundesliga. Wenn es bei den Punkten Gleichstand gibt, entscheidet das bessere Torverhältnis. Das hat die CDU."

FDP stellt Bedingungen

Die SPD sieht das freilich anders. Landeschefin Hannelore Kraft spricht heute, Mittwoch, mit ihrem Lieblingskoalitionspartner, den Grünen. Eine Zweierkonstellation geht sich zwar nicht aus, eine Beteiligung der Linkspartei oder der Liberalen wäre aber möglich. Für die FDP müssten sich dafür allerdings beide Parteien zunächst einmal von "Extremisten" abwenden, wie Landesparteichef Andreas Pinkwart die Linke in Nordrhein-Westfalen bezeichnet.

"Herr Pinkwart hat nicht die Stärke und das Wahlergebnis im Rücken, um anderen zu diktieren, mit wem sie sprechen dürfen", konterte Sylvia Löhrmann von den Grünen. Zum Schluss könnten aber auch die Grünen leer ausgehen, nämlich dann, wenn sich doch Sozialdemokraten und Christdemokraten auf eine große Koalition einigen.