Mit einheitlicher Patentgerichtsbarkeit sollen Millionen Euro gespart werden. | Kompromiss bei der Sprachenfrage zum Greifen nahe. | Brüssel. Noch immer ist in der EU der Schutz von Erfindungen im Vergleich zu den USA oder Japan viel teurer und schwieriger durchsetzbar. Doch endlich gibt es in den bereits seit Jahrzehnten andauernden Verhandlungen "punktuelle Fortschritte", heißt es in Diplomatenkreisen - und zwar sowohl im Ringen um ein einheitliches EU-Patentgerichtssystem als auch bei den Arbeiten an einem gemeinsamen EU-Patent.
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Über die Vereinbarkeit eines Abkommens für das angestrebte Gerichtssystem mit dem Gemeinschaftsrecht wollen die EU-Wirtschaftsminister den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bei ihrem Treffen am Donnerstag um ein Gutachten ersuchen.
Ziel ist es, EU-weit eigene Gerichte zu schaffen, die sich mit Rechtsstreitigkeiten um Patente, die grenzüberschreitend gelten, befassen. Immerhin 148 bis 289 Millionen Euro Einsparungen für EU-Unternehmen soll die einheitliche Rechtsprechung laut einem internen Fortschrittsbericht bringen, der der "Wiener Zeitung" vorliegt. Das sei mehr als das Fünffache der Kosten des neuen Systems.
Weitgehende Übereinkunft besteht laut Bericht bereits darüber, dass es einen zentralen Patentgerichtshof für Berufungsverfahren und Nichtigkeitsklagen geben soll. Eine dezentral strukturierte erste Instanz für sonstige Streitfragen kann Niederlassungen in allen Mitgliedstaaten haben, die das wünschen.
Die Rolle des EuGH
Welche Rolle der EuGH in der neuen Patentrechtsprechung spielen wird, wirft noch Fragen auf. Das Problem ist, dass das neue Gerichtssystem auch für die Durchsetzung von Europäischen Patenten zuständig sein soll. Beim Europäischen Patent handelt es sich - anders als bei dem geplanten EU-Patent - bloß um ein Bündel von nationalen Patenten, dessen Durchsetzung in jedem einzelnen Land nach dortigem Recht eingeklagt werden muss.
Europäische Patente werden bereits seit Jahren vom Europäischen Patentamt (EPA) in München vergeben, welches allerdings keine EU-Institution ist und sich auf einen eigenen völkerrechtlichen Vertrag, das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ), beruft.
Ob der EuGH die letzte Instanz des angestrebten einheitlichen Patentgerichtsystems sein kann, wird von vielen Ländern angezweifelt, weil es sich eben nicht um ein reines EU-System handelt. Zu den bisher 35 Vertragsstaaten des EPÜ zählen etwa auch Nicht-EU-Länder wie Kroatien, Mazedonien, die Schweiz und die Türkei.
Kurz vor dem Ziel
Geradezu revolutionär mutet an, dass sich in der zentralen Streitfrage der notwendigen Sprachfassungen eines Gemeinschaftspatents scheinbar ein Kompromiss in Richtung der EU-Arbeitssprachen Deutsch, Englisch und Französisch anbahnt.
Auf der Basis der von den Slowenen vor rund einem Jahr vorgelegten Ideen sollen alle anderen Übersetzungen vorerst EDV-gestützt erfolgen. Diese Fassungen hätten lediglich Informationscharakter und müssten im Streitfall von Sprachjuristen in eine rechtlich verbindliche Version in einer der Verfahrenssprachen gegossen werden.
Doch bis zum Abschluss der lange als hoffnungslos erschienenen Verhandlungen zum Gemeinschaftspatent wird es trotz der Fortschritte wohl trotzdem noch dauern, heißt es in Diplomatenkreisen.
Denn auf politische Ebene tauchen immer wieder dieselben Hürden auf: Vor allem Spanien, Italien und Portugal verweisen weiterhin gerne auf die Notwendigkeit der sofortigen rechtsverbindlichen Übersetzung der Gemeinschaftspatente in ihre Sprachen. Auch die Verteilung der Gebühreneinnahmen zwischen dem EPA, das künftig auch das gemeinsame EU-Patent verleihen soll, und den nationalen Patentämtern ist noch nicht wirklich geklärt.