Schmied will Gesamtschule als Modellversuch starten. | Widerstand in der ÖVP bröckelt. | Wien. Bildungsexperte Günter Haider kündigte in der Vorwoche in der "Wiener Zeitung" an, dass die Gesamtschule in zwei Legislaturperioden verwirklicht werden kann. Bildungsministerin Claudia Schmied will nun ernst machen. Im "Kurier" erklärte sie, dass sie noch in dieser Legislaturperiode in ausgewählten Modellregionen eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen erproben will. Damit wird der erste Schritt gesetzt. Die Ministerin spricht aber lieber von einer "gemeinsamen Schule der Vielfalt". Mit dieser neuen Begrifflichkeit will sie dem Koalitionspartner den Zugang erleichtern.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl bot sogleich sein Bundesland für einen Versuch der Gesamtschule an. Es gebe im Burgenland Bezirke ohne Gymnasium, dort würde sich solch ein Versuch anbieten. In den südburgenländischen Bezirken Güssing und Jennersdorf besuchen alle 10- bis 14-Jährigen die Hauptschule, weil es keine AHS gibt.
Im Regierungsübereinkommen konnten sich SPÖ und ÖVP noch nicht auf eine Gesamtschule als Ziel festlegen. Dort heißt es nur vage, es sollen bestehende Schulmodelle wie die Hauptschule am Land sowie Schulversuche wie Kooperative Mittelschule, Bildungs-cluster oder Schulverbund "evaluiert" und deren Anwendbarkeit in verschiedenen Regionen "überprüft" werden. Neue Schulversuche werden im Regierungsprogramm nicht erwähnt.
Unterdessen bröckelt aber die Front der Gesamtschulgegner in der ÖVP. Eine der ersten, die gegen die Parteilinie angetreten war, ist Wiens Nichtamtsführende Stadträtin Katharina Cortolezis-Schlager. Sie ist auch in der ÖVP-Perspektivengruppe von Josef Pröll.
Aber auch die steirische ÖVP war in dieser Frage schon lange nicht auf Linie. Noch unter Landesgeschäftsführer Andreas Schnieder - er wurde nach der Steiermark-Wahl 2005 abgelöst - wurde dort die Gesamtschule propagiert. Der derzeitige Chef der steirischen Volkspartei, Hermann Schützenhöfer, forderte bereits ein Ende der "realitätsfernen Ablehnung ganztägiger Schulformen". Dasselbe gilt für ihn auch für die Gesamtschule.
Auch Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa hat sich den Gesamtschulbefürworten bereits angeschlossen. Nur der neue ÖVP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer bleibt skeptisch.