Geldflüsse von Firmen über ÖVP-nahe Mediaselect an Volkspartei.
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Wien. Das kann es wohl nicht gewesen sein. Das "News" veröffentlichte am Mittwoch einen kryptischen Vorausbericht auf die heutige Ausgabe über Zahlungen der Telekom und anderer Firmen über ein "Schwarzgeldkonto" an die ÖVP. Die Rede war von einem Parteispendenskandal, der "Österreichs Innenpolitik in ihren Grundfesten erschüttern wird".
Die Vorabmeldung erschütterte zunächst einmal die auf dem Kurznachrichtendienst Twitter versammelten Politik-Junkies. Das, was später am Nachmittag über die audiovisuellen Medien an die Öffentlichkeit drang, blieb jedoch ein leichtes Ruckeln - zumindest vorerst. Das Magazin ist demnach im Besitz eines im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien erstellten Gutachtens, wonach nun bestätigt ist, dass in den Jahren 2005 und 2006 Gelder aus unterschiedlichen Firmen über den Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger und dessen Firma Valora an die ÖVP-nahe Mediaselect geflossen sind. Konkret soll es sich um 190.000 Euro aus der Telekom, 73.000 Euro aus den Lotterien und 50.000 Euro aus der Raiffeisenbank Oberösterreich gehandelt haben. Die Mediaselect habe ein eigenes Konto unter dem Namen "ÖVP-Topf" angelegt und daraus immer wieder Geld für Kampagnen der Volkspartei abgeschöpft. Hochegger hat demnach der Staatsanwaltschaft erklärt, dass er Scheinrechnungen an die Mediaselect ausgestellt habe.
Casinos-Chef Karl Stoss sagte, die Sache sei vor seiner Amtszeit passiert, aber sie sei ernst zu nehmen. Seitens der ÖVP sprach Generalsekretär Hannes Rauch von einem "Sammelsurium altbekannter Vorwürfe" und versprach, dass die Volkspartei allenfalls zu Unrecht bezogenes Geld zurückzahlen werde. Auch aus der Telekom hieß es: "Das einzig Neue ist, dass das Gutachten da ist."
Geldflüsse erwartbar
Tatsächlich ist seit langem bekannt, dass auch die ÖVP Geld aus dem Valora-Komplex lukriert hat. So hat Hochegger erst im Juli wieder vor Gericht die 96.000-Euro-Zahlung der Telekom an die ÖVP-nahe Agentur Whitehouse für den Jugendwahlkampf 2008 bestätigt. Ebenso ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien nach wie vor gegen ÖVP-Mandatar Werner Amon wegen eines 10.000-Euro-Druckkostenbeitrags für die ÖAAB-Zeitschrift "Freiheit". Doch all diese Summen sind - ebenso wie die nun offiziell gewordenen 190.000 Euro - nur Peanuts im Vergleich zu jener Summe, die zum Beispiel BZÖ (960.000) oder FPÖ (600.000) aus der Telekom lukriert haben sollen. Das wesentlichste Indiz dafür, dass hier noch etwas nach kommen könnte, ist die Tatsache, dass die Telekom im Valora-Komplex zehn Millionen Euro zurückfordert. Mit 190.000 dürfte es da nicht getan sein.
Im Zusammenhang mit der Mediaselect lohnt ein Blick hinter die komplizierte Gesellschafterstruktur der Firma. Gesellschafter waren unter anderem die Casinos Austria, die Österreichischen Lotterien und kurz die Bank Austria. Deren Anteile kaufte dann die Omnimedia. An der Omnimedia wiederum hielt die Telekom Austria 27 Prozent, weitere Anteile hatten Bawag, Post und - schon wieder - die Lotterien und Casinos. Im Frühjahr 2012, ausgerechnet als die Telekom-Zahlungen im Korruptionsuntersuchungsausschuss filetiert wurden, gingen Mediaselect und Omnimedia gemeinsam in der media.at auf - und deren Geschäftsführer heißt Michael Fischer.
Personelle Kontinuitäten
Fischer ist der Mann, der schon 2006 Mediaselect-Geschäftsführer war. Von 1996 bis 1999 und dann noch einmal von 2000 bis 2007 war er zudem für die Organisation der ÖVP zuständig. Seit 2007 ist Fischer Public Affairs Manager bei der Telekom, im U-Ausschuss hatte er erklärt, dass er noch in seiner Zeit als ÖVP-Organisationsreferent, nämlich Anfang 2007, eine Hochwildjagd in Schottland für die Telekom organisiert hatte. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen Untreue und Geldwäsche gegen Fischer, seit Bekanntwerden der Vorwürfe ist er bei der Telekom beurlaubt - und zwar bis zum heutigen Tag.
Eine andere pikante personelle Konitutät betrifft Markus Keschmann. Er hat eine ähnlich Biografie wie Fischer, war er doch unter Wolfgang Schüssel Marketing- und Kampagnen-Leiter der ÖVP. 2011 holte ihn ÖVP-Generalsekretär Rauch neuerlich ins Marketing der Volkspartei. Dazwischen war Keschmann ebenfalls Geschäftsführer der Mediaselect - ab September 2008, also bereits nach den im Gutachten festgestellten Zahlungen der Telekom an die ÖVP über die Agentur.
Da wird also wohl noch Einiges nachkommen.