Zum Hauptinhalt springen

Bewertet im Netz

Von Franz Lippe

Recht

Die Datenschutzbehörde wies die Beschwerde eines Arztes ab, der die Datenlöschung auf einem Online-Bewertungsportal gefordert hatte.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Am 15. Jänner dieses Jahres hat die Datenschutzbehörde (DSB) die Beschwerde eines Arztes abgewiesen, der die Löschung seiner beruflichen Daten auf einem Online-Bewertungsportal gefordert hatte. Auch die Möglichkeit, ihn dort zu bewerten und Erfahrungsberichte über ihn abzugeben, war nach Ansicht der Behörde grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Dem Verfahren (DSB-D123.527/0004-DSB/2018) lag die Aufforderung eines Arztes an eine Arztsuch- und Bewertungsplattform zugrunde, sämtliche personenbezogenen Daten über ihn zu löschen. Unter anderem werden dort unter dem Profil des jeweiligen Arztes Datensätze aus einer Website der Ärztekammer für Wien veröffentlicht (wie etwa Berufsadresse, Telefonnummer, Ordinationszeiten). Zudem können Patienten in Form einer Bewertungsskala einen Arztbesuch bewerten, wobei auch eine Detailbewertung erfolgen kann. Daneben besteht die Möglichkeit, in Kommentarform einen Erfahrungsbericht zu verfassen.

Die Plattformbetreiberin hat dabei diverse Schutzmechanismen gegen die Abgabe unsachlicher Erfahrungsberichte etabliert: So kann die Abgabe unsachlicher Beiträge mittels eines entsprechenden Symbols bei jedem Eintrag gemeldet werden; zudem ist auch ein Filter im Einsatz, um Mehrfachbewertungen innerhalb eines kurzen Zeitraums durch denselben User zu unterbinden. Ärzte können bei der Portalbetreiberin auch Premiumprofile gegen Entgelt beziehen.

Die Portalbetreiberin verweigerte die Löschung der Daten, weswegen der Arzt eine Beschwerde an die DSB richtete. Diese wies die Beschwerde jedoch ab. Personenbezogene Daten, die der gesetzlich verpflichtend zu veröffentlichenden Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer entstammen, seien nicht schutzwürdig, hieß es.

Durch die Verknüpfung dieser Datensätze mit entsprechenden Bewertungen und Erfahrungsberichten würden zwar neue Daten und Informationen generiert. Auch insoweit sei aber die Datenverarbeitung durch die Portalbetreiberin zulässig, nämlich infolge einer Interessenabwägung: Nach Ansicht der DSB besteht ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit respektive von Patienten an Informationen über ärztliche Dienstleistungen. Zu berücksichtigen sei auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, das ausdrücklich den Empfang und die Weitergabe von Nachrichten oder Ideen schützt, wovon die Abgabe und der Empfang von Bewertungen beziehungsweise Erfahrungsberichten jedenfalls erfasst sei. Die mit dem Betrieb des Portals zugänglichen Informationen und Meinungen hätten einen gesellschaftlichen Mehrwert.

"Allgemeine Ärztesuche" laut Oberstem Gerichtshof zulässig

Bereits 2016 - somit vor Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) - hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) festgehalten, dass eine "allgemeine Ärztesuche" eines Ärztesuchportals, bei der die Daten im Wesentlichen aus der Ärzteliste stammen, zulässig ist. Ärztebewertungen waren jedoch nicht Gegenstand jenes Verfahrens.

In der deutschen Rechtsprechung spielten Ärztebewertungsportale bereits mehrfach eine Rolle: So bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) 2014 zunächst, dass Ärztebewertungsportale fremde Bewertungen grundsätzlich ohne Zustimmung des Arztes veröffentlichen dürfen. Eineinhalb Jahre später hielt er fest, dass ein Portalbetreiber eine konkret wegen einer behaupteten Persönlichkeitsverletzung beanstandete Bewertung auf erkennbare Rechtswidrigkeit zu prüfen habe. 2018 schließlich gab der BGH der Klage einer Ärztin statt, die die Löschung ihres gegen ihren Willen abrufbaren Eintrags verlangte: Bei Aufruf ihres Profils erschienen weitere (für ein Premiumpaket zahlende) Ärzte desselben Fachbereichs mit Bild, wobei neben der Note für die jeweiligen Ärzte auch die Distanz zwischen der Praxis der klagenden Ärztin und der zahlenden Konkurrenz angezeigt wurde; bei Aufruf eines Premiumprofils gab es eine derartige Einbindung der Konkurrenz hingegen nicht. Nach Ansicht des BGH hatte das Bewertungsportal mit dieser Praxis seine Rolle als neutraler Informationsmittler zugunsten seines Werbeangebots verlassen, die schutzwürdigen Interessen der klagenden Ärztin würden überwiegen.

Auch im gegenständlichen Verfahren vor der DSB argumentierte der Beschwerdeführer mit diesem BGH-Urteil aus dem Vorjahr. Nach Ansicht der Behörde sei aber die Praxis des Bewertungsportals hier anders zu beurteilen, da auch bei Aufruf von Profilen zahlender Ärzte die örtlich praktizierenden Kollegen im Umkreis angezeigt würden. Auch wenn der Beschwerdeführer nicht für ein Premiumprofil zahlt und allenfalls nicht vorrangig im Verzeichnis der Plattformbetreiberin aufscheint, sei er nicht an seiner ungestörten Berufsausübung gehindert.

Betreiber muss neutraler Informationsvermittler sein

Zusammengefasst hat die DSB mit der vorliegenden Entscheidung auch im Hinblick auf die DSGVO das Betreiben von Ärztebewertungsportalen als grundsätzlich zulässig bewertet; zumindest, sofern der Betreiber die Rolle als neutraler Informationsmittler nicht verlässt.

Insoweit, als personenbezogene Daten von Berufsträgern als bereits zulässigerweise veröffentlicht gelten - analog zur Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer -, wird man diese Entscheidung auch für Bewertungsplattformen hinsichtlich anderer Professionen ins Treffen führen können. Ob allenfalls eine konkrete Bewertung zu löschen ist, sei es aufgrund einer behaupteten unwahren Tatsachenbehauptung oder exzessiven Meinungsäußerung, ist dennoch jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Zum Autor