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Bewilligung der Handy-Ortung bei Fellner-Brüdern rechtswidrig

Von Daniel Bischof

Das Oberlandesgericht Wien monierte die fehlende Bewilligung, lehnte die Beschwerden gegen Razzia aber ab.


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Ein Teil der Ermittlungen in der Inseratenaffäre war nicht rechtskonform. Das teilte das Oberlandesgericht Wien am Donnerstag in einer Aussendung mit. Beschwerden gegen andere Teile der Ermittlungsmaßnahmen gab das Gericht hingegen nicht Folge.

In der Inseratenaffäre wird unter anderem gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die Medienmanager Wolfgang und Helmuth Fellner ermittelt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Kurz und seinen Vertrauten vor, dass diese sich mit Steuergeldern geschönte Umfragen bei einer Meinungsforscherin gekauft haben sollen. Diese sollen im Rahmen eines illegalen Deals in der Zeitung "Österreich" publiziert worden sein. Für die Veröffentlichung soll das Finanzressort im Gegenzug Inserate in Höhe von 800.000 Euro in "Österreich" geschaltet haben. Die Beschuldigten bestreiten das.

Bei den Ermittlungen ordnete die WKStA an, die Standortdaten der Mobiltelefone der Fellner-Brüder zu orten. Die Maßnahme wurde von einem Haft- und Rechtsschutzrichter des Wiener Straflandesgerichts bewilligt. Da sich die Maßnahme gegen Medieninhaber richtete, hätte auch die Ermächtigung der Rechtsschutzbeauftragten der Justiz, Gabriele Aicher, eingeholt werden müssen. Zu ihren Aufgaben zählt die Überprüfung geheimer Ermittlungsmaßnahmen. Sie nimmt stellvertretend die Rechte der Beschuldigten, die ja zunächst nicht wissen, dass gegen sie ermittelt wird, wahr.

Ermächtigung nicht vorhanden

Diese Ermächtigung wurde im konkreten Fall jedoch nicht eingeholt. Aicher und die Fellner-Brüder erhoben Beschwerde gegen die Bewilligung des Wiener Straflandesgerichts. Die Rechtsschutzbeauftragte ließ in einer Stellungnahme im November 2021 wissen, dass sie "eine rote Linie des Rechtsstaates überschritten" sah. Neben der fehlenden Genehmigung äußerte sie noch weitere Beschwerdepunkte gegen die Ermittlungen. Die WKStA wies die Kritik großteils zurück. Mit der Beauftragten liegt die Behörde seither im Clinch, da sie ein Naheverhältnis Aichers zu Anwälten der Beschuldigten ortet.

Laut der WKStA wurde die Ermächtigung "irrtümlich" nicht eingeholt. Nach der gerichtlichen Bewilligung sei das "Versäumnis" erkannt und "transparent im Akt" festgehalten worden. Man habe das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung sofort angewiesen, "die Maßnahme nicht durchzuführen": "Tatsächlich wurden die Standortdaten auch nicht erhoben."

Das Oberlandesgericht Wien hob die Entscheidung des Straflandesgerichts auf, da die Rechtsschutzbeauftragte nicht befasst worden war. Es spiele keine Rolle, dass die Maßnahme letztlich nicht vollzogen wurde. Allfällige durch die Anordnung gewonnene Ergebnisse seien zu vernichten, "weil das Recht von Medieninhabern und Journalisten, die Aussage über Informationsquellen zu verweigern, nicht durch andere Ermittlungsmaßnahmen umgangen werden darf", so das Gericht.

Debatte über den Tatverdacht

Strafrechtler hatten die Nicht-Einholung der Genehmigung in der "Wiener Zeitung" bereits im November 2021 als Verstoß gegen die Strafprozessordnung bewertet. Gravierende praktische Auswirkungen würde die Feststellung einer Rechtsverletzung durch das OLG in diesem Fall zwar nicht haben, so der Strafrechtler Robert Kert von der WU Wien. "Aber man sollte das auch nicht unterschätzen: Es ist wichtig, wenn das OLG feststellt, dass Ermittlungsmaßnahmen rechtswidrig waren. Wozu gibt es sonst die Rechtsschutzbeauftragte und all diese erhöhten Maßstäbe?"

Aicher hatte aber auch zahlreiche andere Kritikpunkte in ihrer Beschwerde vorgebracht. Sie kritisierte etwa, dass kein "dringender Tatverdacht" gegen die Fellner-Brüder vorgelegen sei, wodurch auch keine Razzia bei der "Zeitung" Österreich hätte durchgeführt werden dürfen. Auch diese Kritik konnten Strafrechtler teilweise nachvollziehen. Weiters beschwerte sich Aicher auch über die Aktenführung der WKStA.

"Die weiteren Ausführungen in der Beschwerde über das Vorgehen der WKStA und zur Frage des Tatverdachts liegen laut der Entscheidung des Oberlandesgerichts außerhalb der Kontrollbefugnis der Rechtsschutzbeauftragten", hielt das OLG Wien fest.

Den Beschwerden der Beschuldigten gegen die "Bewilligung der Durchsuchung von Orten und Gegenständen" in der Inseratenaffäre gab das OLG aber nicht Folge. Den dafür nötigen Tatverdacht sieht das Gericht nämlich als gegeben an.