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Bienen navigieren treffsicher

Von Alexandra Grass

Wissen

Laut Studie orientieren sich die Insekten an Landschaftselementen wie Bewässerungskanälen.


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Bienen dürften sich auf ihren Flügen ähnlich den ersten Piloten in den Anfängen der menschlichen Fliegerei in ihrer Navigation an markanten linearen Landschaftselementen in Bodennähe orientieren. Dies fand ein deutsches Forscherteam der Universität Berlin heraus, indem sie Tieren zur Aufzeichnung ihrer Flugbahnen Transponder montierten. Die Wissenschaften konnten dabei auch zeigen, dass Bienen ein Navigationsgedächtnis haben.

Jahrzehntelange Forschung hat hervorgebracht, dass Honigbienen exzellente Navigatoren sind. Sie orientieren sich auf verschiedenste Weise - an ihrem Geruchssinn, an der Sonne, am Muster des polarisierten Lichts am Himmel, an vertikalen Orientierungspunkten, die sich vom Panorama abheben, und möglicherweise am Magnetfeld der Erde, schreiben die Wissenschafter um Randolf Menzel in ihrer im Fachmagazin "Frontiers in Behavioral Neuroscience" publizierten Studie. Jetzt konnten sie nachweisen, dass Bienen ebenso dazu neigen, ihren Weg nach Hause zu suchen, indem sie sich an den vorherrschenden linearen Landschaftselementen orientieren - eben ähnlich den ersten Piloten, noch bevor es elektronische Systeme und modernes GPS gab.

50 Tiere mit Transpondern

"Hier sehen wir auch, dass Honigbienen ein Navigationsgedächtnis, eine Art mentale Karte des ihnen bekannten Gebiets, nutzen, um ihre Suchflüge zu lenken, wenn sie in einem neuen, unerforschten Gebiet nach ihrem Bienenstock suchen. Lineare Landschaftselemente wie Wasserkanäle, Straßen und Feldränder scheinen wichtige Bestandteile dieses Navigationsgedächtnisses zu sein", erklärt der Zoologe und Neurobiologe Menzel.

Vor ungefähr zehn Jahren hatten die Forscher damit begonnen, insgesamt 50 Sammlerbienen mit 10,5 Milligramm schweren Transpondern auf ihren Rücken zu versehen. Sie entließen die Tiere mit ihrem technologisch ausgefeilten Rucksack fern ihres vertrauten Gebiets in der Nähe von Brandenburg wieder in die Freiheit. In dem Testgebiet befand sich ein Radar, das die Transponder in einer Entfernung von bis zu 900 Metern noch aufspüren konnte. Die auffälligste Landmarke in diesem weitreichenden Areal waren ein paar parallele Bewässerungskanäle.

Befinden sich Honigbienen in unbekanntem Gefilde, fliegen sie zuerst in Erkundungsschleifen in verschiedenen Richtungen und über unterschiedliche Entfernungen, wobei sie sich dabei immer auf den Ausgangspunkt konzentrieren, schildern die Wissenschafter ihre Beobachtungen.

Bienen lernen dazu

Mittels Radar konnten sie das genaue Flugmuster der Insekten verfolgen. Es zeigte sich dabei, dass die Honigbienen unverhältnismäßig viel Zeit damit verbrachten, entlang der Bewässerungskanäle zu fliegen. "Unsere Daten zeigen, dass die Bienen Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Anordnung dieser linearen Landschaftselemente zwischen ihrem Heimatgebiet und dem neuen Gebiet nutzen, um erkunden zu können, wo sich ihr Bienenstock befinden könnte", erklärt Menzel in der Publikation. Zudem würden die von den Wissenschaftern ausgewerteten Daten auch darauf hindeuten, dass die Bienen die Landschaftselemente über einen längeren Zeitraum in ihrem Gedächtnis behalten.

Fliegende Tiere erkennen solche ausgedehnten Bodenstrukturen in einem kartenähnlichen Luftbild, was sie als Leitstrukturen sehr attraktiv macht. Es ist daher nicht überraschend, dass sowohl Fledermäuse als auch Vögel lineare Landmarken zur Navigation nutzen." Aus den Studienergebnissen schließen die Forscher, dass lang gestreckte Bodenstrukturen auch wichtige Bestandteile des Navigationsgedächtnisses von Honigbienen sind.