Insekten erbringen Bestäubungsleistung in Milliardenhöhe. | 30 Millionen Menschen leben von Korallenriffen. | Zerstörung der Natur hat schwere Folgen für Afrika. | Wien. Die Tier- und Pflanzenwelt erbringt Leistungen in Milliardenhöhe. Alleine die Korallenriffe erwirtschaften jährlich 127 Milliarden Euro. Sie sind die Einkommens- und Lebensgrundlage von rund 30 Millionen Küsten- und Inselbewohnern. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle TEEB-Bericht (The Economics of Ecosystems and Biodiversity - Die Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversitäten).
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Waldabholzung führt zu Milliarden-Schäden
Auch in den Wäldern schlummert laut der Studie ein Milliarden-Potenzial. Würde deren Abholzung bis 2030 halbiert, könnten die jährlichen Treibhausgasemissionen weltweit um 1,5 bis 2,7 Gigatonnen CO2 sinken. Dadurch ließen sich durch den Klimawandel bedingte Schäden mit einem Wert von rund 3,7 Billionen Dollar (2,7 Billionen Euro) vermeiden. Die Insekten erbringen ebenfalls enorme finanzielle Leistungen. Der weltweite Wert der Bestäubung durch die fliegenden Tiere wird auf 153 Milliarden Euro geschätzt. Das entspricht in etwa der Wirtschaftsleistung von Hong kong, die 2009 bei rund 155 Milliarden Euro lag.
Die Berechnung der Leistungen sei aber nicht einfach, sagt Joshua Bishop, Koordinator des TEEB-Wirtschaftsberichts. Am Beispiel der Bestäubungsleistung erklärt er, welche Wege es für die Wertermittlung gibt: Man könne sich verschiedene Erntemengen anschauen und sie mit der Anzahl der Bienen vergleichen, die auf den Feldern zur Zeit der Bestäubung aktiv waren.
Ein anderer Weg sei zu ermitteln, was die Bestäubung mit der Hand kosten würde, oder wie viel aufgewendet werden muss, wenn ein Imker mit einem Bienenvolk kommt. Doch warum setzen sich Leute wie Bishop mit der Berechnung der finanziellen Leistungen
der Natur auseinander? "Die Werte sind unsichtbar, und wir versuchen, sie sichtbar zu machen, damit die Politiker dieser Angelegenheit mehr Aufmerksamkeit schenken", erklärt Bishop.
Ökologische Schulden werden sichtbar
Im globalen Maßstab werden laut dem TEEB-Bericht "die potenziellen ökologischen Schulden der Wirtschaft drohend sichtbar." Der Bericht verweist dabei auf eine Studie der Vereinten Nationen, wonach auf weltweit 3000 börsenotierte Unternehmen ökologische "externe Effekte" - also Kosten für die Gesellschaft aufgrund normaler Geschäftsvorgänge - von insgesamt mehr als zwei Billionen Dollar kommen. Das seien sieben Prozent ihres Gesamtumsatzes und bis zu einem Drittel ihres Gesamtgewinns. Die hier bewerteten Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten auf Mensch und Natur waren Treibhausgasemissionen (69 Prozent der Gesamteffekte), Übernutzung und Verschmutzung von Wasser, Feinstaubemissionen, Abfälle und nicht nachhaltige Nutzung natürlicher Fisch- und Waldbestände.
Die TEEB-Experten sind der Ansicht, dass die Zerstörung der Umwelt sowohl die Industrie- als auch die Entwicklungsländer treffen wird. Ärmere Staaten werden ihrer Meinung nach aber stärker von dieser Entwicklung betroffen sein. Experte Bishop begründet das damit, dass die meisten Entwicklungsländer von natürlichen Ressourcen abhängig sind und die Mehrheit der dort lebenden Menschen in der Landwirtschaft tätig ist. Wenn nun Boden, Wasser oder Bienen verloren gehen, leiden diese Menschen mehr darunter als Bewohner in Industrienationen. Landwirte in diesen Staaten können sich nämlich Ersatz beschaffen und Düngemittel oder Bienen kaufen, so Bishop.
In Europa und den USA setzen bereits jetzt einige Bauern auf gekaufte Bienen und Hummeln, um die Erträge von Obstbäumen oder Kürbissen zu steigern. Die gekauften Bestäuber haben aber ihren Preis: 2009 zahlte ein heimischer Bauer an die 200 Euro für sechs Hummelvölker.