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Big is beautiful

Von Kurt Geisler

Reflexionen
Majestätisch: Mode von Sempre Piu
© Hersteller

Karl Lagerfeld hat Unrecht mit seiner penetrant verkündeten Meinung, man könne Mode nur an schlanken, wenn nicht gar superdürren Models attraktiv demonstrieren. Wahrscheinlich hätte er seine Ansicht geändert, wenn er die Modemesse CPD in Düsseldorf besucht hätte.


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Dort brauchte man ein neues, attraktives Konzept, um sich gegen die immer stärker aufkommende Berliner Mode-Szene zu profilieren. Dabei haben die Messemacher einen Bereich entdeckt, den die Designer bislang vernachlässigt haben: die vollschlanken Frauen mit den größeren Größen. Manche sprechen auch von Anschlussgrößen, die bis zu den sogenannten Übergrößen reichen, wie 58 oder 60 und noch darüber. Hieß das Übergrößen-Segment ehemals "Supersize", so forcieren die Düsseldorfer diesen XXL-Bereich nunmehr mit dem Slogan "Big is Beautiful".

Abschied vom falschen Frauenbild

Die Modemesse und hoffentlich immer mehr Hersteller folgen dabei nicht nur der Mode, sondern einer unaufhaltsamen Entwicklung. Die Frauen in Deutschland und auch in Österreich nehmen an Körperumfang zu. War 1994 noch die meistgekaufte Konfektionsgröße 40, so haben sich seitdem die Größen nach oben verschoben. Nun tragen 56 Prozent der Frauen Kleidergröße 42 oder mehr.

Die Veränderungen von Körperproportionen der weiblichen Bevölkerung mit starken Figuren veranlassten das Bekleidungsphysiologische Institut Hohenstein zu Reihenuntersuchungen, um mit den Ergebnissen die Problematik des unzureichenden Angebots von Bekleidung für diese spezielle Zielgruppe mit passformgerechten, modischen und funktionellen Produkten zu lösen.

"Es wird allerhöchste Zeit, das Idealbild vom weiblichen Körper in unserer Gesellschaft um einige Konfektionsgrößen nach oben zu korrigieren", meint denn auch die Leiterin der Plus-Size-Modelagentur, die selbst in ihrer Kartei über Models mit größeren Maßen verfügt. Wenn diese Klientel direkt angesprochen werden soll, müssen die Models ebenfalls entsprechend fülliger sein. Das Frauenmagazin "Brigitte" lässt grüßen. Mit "Big is Beautiful" wurde der Zeitgeist getroffen.

In fast allen Bereichen des Lebens - sei es Werbung, Pop-Kultur oder Mode - herrscht bis dato das Mager-Ideal vor. Wo denn bitte schön gibt es den modischen Chic für Big? Wieso eigentlich wird jede, die nicht wie Heidi Klum gebaut ist, als problematische Figur bezeichnet? Welche Frau hat schon die Idealmaße der hochbezahlten Models, und bei wem haben sich keine Problemzonen im Laufe der Jahre gebildet? Inzwischen wächst eine stattlichere, größere Jugend heran, durchaus mit "Figur", aber mit ein paar Zentimetern mehr, teilweise auch durch Sport oder Fitnesstraining bedingt.

Doch wer etwas kräftiger ist, möchte nicht unbedingt wie Oma herumlaufen. "Rund, na und", formulierte einmal die Schriftstellerin Margrit Schönberger in ihrem gleichnamigen Buch, um trotzig ein Selbstbewusstsein pfundiger Menschen zu dokumentieren.

Imagewandel für xxl

Zwar gab es schon immer Übergrößen, aber für Bekleidung, nicht wirklich für Mode. Mode für Mollige war altbacken, oft langweilig und lieblos im Design. Immer noch wird "dick" oder "mollig" gern mit "nicht modebewusst" oder "gemütlich" gleichgesetzt. Für die Bekleidungsindustrie ist es sicherlich einfacher, schlank zu produzieren. Das passt immer, Kurven erfordern schneidertechnisch einen größeren Aufwand. Doch ist die Branche lange Zeit einem falschen Schönheitsbild nachgelaufen, hat die Normalität vernachlässigt und damit Markt-Chancen verpasst.

Dabei wollen auch Mollige mit üppigeren Hüften oder starke Frauen schön und attraktiv sein. Daneben geht es nicht allein darum, vorhandene Problemzonen übergewichtiger Frauen durch weite Schnitte geschickt zu kaschieren oder mal mehr Farbe zu wagen, sondern auch um solche, die eine schmale Taille, aber einen großen Busen haben. "Man muss darauf achten, dass die Sachen schön fallen. Dazu nimmt man einen fließenden Stoff. Und die Kleidung sollte das, was nicht so optimal ist, verdecken, also den Körper umspielen", sagt eine erfahrene Boutiquenbesitzerin.

Die wenigsten Frauen sind zufrieden mit ihrer Figur. Sollte da nicht die Mode helfen? Eine Hoffnung seitens der fraulichen Frauen keimt auf, von der Modebranche nicht länger diffamiert und ausgegrenzt zu werden. "Auch frauliche Typen möchten aussehen wie alle anderen modisch orientierten Frauen auch. Ihnen müssen wir das Gefühl geben, dass sie modisch aussehen, ohne verkleidet zu wirken", meinen die Experten.

Der Textilunternehmer Claus Borgelt geht mit seiner Kollektion "supernova" für Übergrößen einen anderen Weg. Seine Modelle wollen nichts kaschieren, sondern gerade die weibliche Figur geschickt betonen, um mit sinnlichen Formen "bella figura" zu zeigen. So wie etwa die Schauspielerin Christina Neubauer oder das Model Chrystal Renn, das nach Heilung ihrer Magersucht nunmehr erfolgreich als Super-Model im Big-Size-Bereich ist.