Zum Hauptinhalt springen

Bilanz des Wirtschafts-Jahres 2008: Horror mit einigen Lichtblicken

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Börse und Banken wurden am schwersten getroffen. | Trendwende am Arbeitsmarkt und bei Insolvenzen. | Die Krise auf den Finanzmärkten hat 2008 auch Österreich mit voller Wucht getroffen: An der Wiener Börse stürzten die Kurse dramatisch ab, der ATX-Index rasselte um 62 Prozent runter. Gut 100 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung lösten sich förmlich in Luft auf. Angesichts der Katerstimmung gab es 2008 keinen einzigen Börsegang: Der oberösterreichische Landesversorger Energie AG und die Grazer Abfallentsorgungsfirma Saubermacher bliesen ihre frühzeitig ab.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Österreichs Geldinstitute, die sich bislang stets für ihre Expansion in Osteuropa feiern ließen, mussten im Herbst nach und nach eingestehen, dass es sie bei spekulativen Geschäften erwischt hat. Die Bundesregierung schnürte blitzartig ein 100 Milliarden Euro schweres Rettungspaket, um den Banken mit öffentlicher Unterstützung einen Super-Gau zu ersparen. Die ins Trudeln geratene Kommunalkredit AG musste notgedrungen verstaatlicht werden. Bei den übrigen Bittstellern - von Erste-Boss Andreas Treichl bis RZB-General Walter Rothensteiner - lässt sich Finanzminister Josef Pröll Zeit. Bislang wurde lediglich das Ansuchen der Kärntner Hypo Alpe Adria positiv erledigt.

Österreichs Konsumenten bekamen Anfang des Jahres die Teuerungswelle zu spüren: Nachdem der Verbraucherpreisindex im Dezember 2007 mit 3,6 Prozent das höchste Niveau seit 1993 erreicht hatte, stieg die Inflationsrate im Sommer auf 3,9 Prozent an.

Seit November geht es am Arbeitsmarkt bergab

Am Arbeitsmarkt lief es anfangs noch durchaus rund: Im dritten Quartal waren durchschnittlich 3.567.000 Personen unselbständig erwerbstätig - im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Plus von 67.000 Personen, wovon die Frauen mit plus 57.000 Arbeitsplätzen eindeutig besser ausstiegen. Die Zahl der Arbeitslosen erreichte im Juni mit 172.658 Personen ihren Tiefstand, immerhin 11.000 oder sechs Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2007. Die November-Zahlen sahen erstmals schlechter als gewohnt aus: Mit 225.590 Österreichern ohne Beschäftigung gab es um 1980 oder 0,9 Prozent mehr als im November 2007 - was den ersten Anstieg der Arbeitslosenquote seit zweieinhalb Jahren bedeutete.

Für ein Alarmzeichen sorgte die Statistik über die selbständig Erwerbstätigen: Im Zeitraum von Juli bis September wurden 472.000 Personen registriert, somit waren um 15.000 Menschen weniger unternehmerisch tätig als im selben Quartal des Vorjahres.

Die Industrie spürte die Krise relativ frühzeitig: Hatten die Auftragseingänge im zweiten Halbjahr 2007 noch Anlass zu Optimismus geboten (im dritten Quartal betrug das Plus 11,4, im vierten Quartal immerhin noch 4,2 Prozent), gab es 2008 einen herben Rückschlag: Von Jänner bis März sank der Auftragseingang der Industrie um 0,8 Prozent und von April bis Juni wurde sogar ein Minus von 1,1 Prozent registriert. Mit der Zeit wurde auch der an sich unhektische Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, immer nervöser: Er forderte im Herbst auch für Industriebetriebe staatliche Kredit-Hilfspakete.

Die österreichischen Exporte, stets als Motor des Wirtschaftswachstums gepriesen, entwickelten sich durchaus passabel: Nach einem Anstieg um 10,5 Prozent im Vorjahr konnte sich der 5,6-prozentige Zuwachs im Zeitraum Jänner bis September - trotz des seit August spürbaren Einbruchs - durchaus sehen lassen (bei Importen betrug das Plus 6,1 Prozent). Laut Statistik Austria betrug der Gesamtwert der Ausfuhren 89,49 Milliarden Euro, denen in den genannten neun Monaten 89,55 Milliarden an Importen gegenüberstanden. Die Warenverkehrsbilanz war also ziemlich ausgeglichen.

Weniger Wachstum bedeutet mehr Pleiten

KSV1870-Chef Johannes Nejedlik vermag nicht allzu optimistisch in die Zukunft zu blicken: Die etwa 6300 Unternehmen, die 2008 pleite gingen (das entspricht dem Vorjahresniveau), hinterließen einen Schuldenberg von 2,8 Milliarden Euro, stolze 17 Prozent mehr als zuletzt. Da Insolvenzen der Wirtschaftslage hinterher laufen, erwartet Nejedlik für 2009 rund zwölf Prozent mehr Firmenzusammenbrüche. Waren im auslaufenden Jahr 20.500 Arbeitsplätze von Pleiten betroffen, dürften 2009 noch deutlich mehr Jobs verloren gehen.

Die jüngste OECD-Prognose, die Österreich ein Schrumpfen von 0,1 Prozent verhieß, ist bereits wieder zum Krenreiben: Wachstum bleibt im nächsten Jahr ein Wunschtraum, die Rezession wird deutlicher ausfallen.

Damit sei auch das von der Regierung angepeilte Budgetdefizit in Höhe von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2009) und 2,9 Prozent (2010) unrealistisch, sagt Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer, zugleich Präsident des Staatsschuldenausschusses.

Die Staatsverschuldung wird, auch wegen des Bankenhilfspakets, deutlich wachsen: Der Verschuldungsgrad (derzeit 58 Prozent des BIP) wird die im Maastricht-Vertrag vereinbarte Marke von 60 Prozent überspringen.

Good News hingegen für Österreichs Arbeitnehmer: Die Realeinkommen werden 2009 dank sinkender Inflation, Steuerentlastung von zwei Prozent und hoher Zuwächse der Bruttolöhne (um rund drei Prozent) um geschätzte 2,5 Prozent steigen - der größte Zuwachs seit zehn Jahren. Während die Wirtschaft bei Investitionen und Exporten zurückschrauben werde, sei beim privaten Konsum ein geringes Plus zu erwarten: Die Nationalbank sagt 0,5 Prozent voraus.

Mehr zum Thema:Was Österreich 2008 besonders bewegt hat