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"Bildung nach wie vor vererblich"

Von Petra Tempfer

Politik
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Experte Hopmann: Differenzierung wäre besser als Gleichbehandlung.


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Wien. "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm." "Wie das Herrl, so’s G’scherrl." Sprichworte wie diese gibt es seit langem. Alarmierend ist, dass selbst heute noch mehr als die Hälfte der 25- bis 44-Jährigen aus Akademiker-Haushalten im Schuljahr 2011/12 einen Hochschulabschluss erreichten - aber nur fünf Prozent all jener, deren Eltern als höchste Ausbildung lediglich einen Pflichtschulabschluss aufweisen. Auch umgekehrt besteht dieser Zusammenhang: 32 Prozent der Kinder aus einem Elternhaus mit höchstens Pflichtschulabschluss, aber nur fünf Prozent der Akademikerkinder bleiben auf der untersten Ausbildungsstufe.

So viel zu den nackten Zahlen des aktuellen Bandes "Bildung in Zahlen 2011/12", den Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer am Dienstag präsentierte. "Bildung ist also nach wie vor vererblich", folgerte dieser daraus, und: "Es ist noch immer von Relevanz, aus welchem Elternhaus sie kommen."

Allein - warum ist dieser Zusammenhang offensichtlich unverrückbar, obwohl die Klassenschülerhöchstzahlen reduziert, ein verpflichtendes Kindergartenjahr eingeführt worden ist und Neue Mittelschulen (NMS) zunehmend die Hauptschulen ersetzen? Zudem wurden die Studiengebühren abgeschafft. "Das sind alles Scheindebatten, die man da führt", meint dazu Bildungsexperte Stefan Hopmann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", "in Österreich wurde noch keine einzige schulpolitische Maßnahme getroffen, die der sozialen Ungleichverteilung entgegengewirkt hätte." Sämtliche bisher getätigten Schritte seien kontraproduktiv gewesen. Die Abschaffung der Studiengebühren etwa, die zu Studieneingangsphasen als Aufnahmeverfahren geführt hat. "Wer überlebt? Die, die aus einem Milieu kommen, in dem man mit dem akademischen Niveau umgehen kann. Die anderen müssen fünfmal mehr leisten", sagt Hopmann.

Hauptschule oder AHS wesentlich für Karriere

Oder die NMS, die als gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen geführt wird, damit Kinder nicht schon nach der Volksschule entscheiden müssen, ob sie in eine AHS oder Hauptschule weitergehen sollen. "Das ist nur ein weiterer Baustein der Gleichbehandlung - dabei wäre eine Differenzierung die einzige Lösung", so Hopmann. Jeder Einzelne, bei dem es Schwächen gibt, müsste seiner Ansicht nach gezielt gefördert werden. Dort, wo mehr Hilfsbedarf besteht, müsse investiert werden. "Das ist keine Frage der Höhe der öffentlichen Mittel, die in Bildung investiert werden - Österreich liegt dabei über dem EU-Durchschnitt -, sondern eine Frage der richtigen Verteilung."

Zwar ist auch Bildungsexpertin Christiane Spiel der Ansicht, dass noch nicht "wahnsinnig viele Maßnahmen" gegen das soziale Ungleichgewicht im Bildungsbereich getroffen worden sind. Das verpflichtende Kindergartenjahr sieht sie allerdings als wesentlichen Schritt in die richtige Richtung. "Man sollte es auf ein zweites Jahr ausweiten", meint sie sogar, "weil man dadurch Defizite bereits im Vorfeld aus dem Weg räumen kann."

Die Ganztagsschule für Sechs- bis 14-Jährige ist ihrer Meinung nach ebenfalls eine Chance - speziell für jene Kinder, deren Eltern sie beim Lernen aufgrund ihres eigenen Bildungsniveaus nicht immer unterstützen können. "Denn wenn Eltern zum Beispiel in Mathematik nicht bei der Aufgabe helfen können, kann das in der Ganztagsschule vor Ort übernommen werden." Dabei sei gerade die Volksschule für den weiteren Bildungsweg entscheidend. Werden hier doch die Weichen gestellt, ob man später in eine Hauptschule oder AHS wechselt.

Die Zahlen der Statistik Austria geben der Bildungsexpertin recht. Demnach stiegen rund 93 Prozent der Abgänger einer AHS-Unterstufe auf eine maturaführende Schule um, aber nur 38 Prozent der Hauptschulabgänger. Der Rest wechselte an eine Polytechnische Schule, berufsbildende mittlere Schule oder Berufsschule. Sechs Prozent besuchten gar keine weiterführende Schule mehr.

Bildungsniveau in Österreich steigt

Insgesamt steigt das Bildungsniveau in Österreich an - wenngleich die Akademikerquote laut Pesendorfer eine Frage der Definition ist. Denn: Schließt man die BHS-Abschlüsse in die Maßzahl für Akademiker ein, die auch die EU für ihr "Europa-2020-Ziel" heranzieht, beträgt der Anteil dieser Akademiker bei den 30- bis 34-Jährigen 36,8 Prozent. Damit läge Österreich über dem EU-Schnitt von 34,6 Prozent und nur geringfügig unter dem erklärten Ziel von 40 Prozent. Zieht man indes ausschließlich Akademiker ohne BHS-Abschluss für die Quote heran, liegt Österreich unter dem EU-Schnitt. Zwar steigt auch dieser Akademiker-Anteil der Österreicher an und hat sich in den vergangenen 30 Jahren sogar verdreifacht - der EU-Schnitt steigt allerdings schneller.