Höhere Bildung bedeutet nicht automatisch mehr Einkommen.
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Immer weniger Menschen steigen direkt nach neun Jahren Pflichtschule ins Erwerbsleben ein, immer mehr gehen ihren Bildungsweg bis zum Hochschulabschluss. Das allgemeine Bildungsniveau in Österreich steigt also. Lücken im Bildungssystem gibt es dennoch - und zwar einige.
Angefangen bei der Finanzierung: Hier herrscht seit gut 20 Jahren zu viel Stillstand. Mehr Geld ist anteilig vor allem in die Universitäten geflossen. In den meisten anderen Bereichen hingegen stagnieren die Ausgaben oder sind sogar gesunken. Im internationalen Vergleich steckt Österreich wenig in den Elementarbereich, etwa Kindertagesheime oder Kindergärten. Die größte Finanzierungslücke tut sich bei den Berufsschulen auf: An sie gehen nur 3 von 100 Bildungseuros, obwohl die Lehre der häufigste höchste Bildungsabschluss in Österreich ist. Dabei wäre eine ausreichende Finanzierung enorm wichtig: Während das Bildungsniveau steigt, ist die Bildungsbeteiligung - also der Anteil an Menschen, die in irgendeiner Form am Bildungsprozess teilnehmen - im internationalen Vergleich gering. Und zwar besonders im Elementarbereich und bei den 15- bis 19-Jährigen.
Die nächste Lücke klafft zwischen Frauen und Männern: Während Männer öfter eine Lehre absolvieren, machen mehr Frauen die Matura und schließen häufiger FH oder Universität ab. Mit höherer Bildung gibt es in Österreich im Schnitt auch mehr Einkommen, aber nicht für alle: Frauen sind höher gebildet, trotzdem verdienen sie weniger. Der "Education Gender Pay Gap" - also die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen bezogen auf den Bildungsabschluss - zieht sich durch alle Ausbildungsgrade. Betrachtet man die mittleren Einkommen, verdienen Frauen mit Matura als höchstem Bildungsabschluss etwa um ein Drittel weniger als Männer mit Matura. Am größten ist die Lücke beim Lehrabschluss mit 40 Prozent. Aber auch bildungsgradübergreifend gibt es deutliche Einkommensunterschiede: Ein Mann mit Matura verdient im Schnitt mehr als eine Frau mit Hochschulabschluss.
Einkommensunterschiede gibt es allerdings nicht nur zwischen den Geschlechtern. Sie zu überwinden ist ein langer Prozess: In Österreich dauert es im Durchschnitt etwa fünf Generationen, bis eine Person aus der niedrigsten Einkommensgruppe in die mittlere aufsteigt. Ein Grund: Bildung wird in Österreich noch immer stark vererbt. Der eigene Bildungsweg hängt von dem der Eltern ab: Etwa sechs von zehn Kinder von Akademikern schließen selbst ein Hochschulstudium ab, aber nur gut eines von zehn Nicht-Akademiker-Kindern.
Der Zugang zu Bildung, genauso wie alles, was darauf aufbaut - etwa Einkommensperspektiven und Bildungswege - ist alles andere als chancengerecht verteilt. Frauen und Kinder von Nicht-Akademikern sind die Verlierer des österreichischen Bildungssystems. Je früher man sozial ausgleichende Maßnahmen setzt, desto wirksamer: Anfangen könnte man bei den Kleinsten, mit Ausbau und -finanzierung der Kinderbetreuung. Sozial ausgleichend wirken würden Ganztagsschule und Gesamtschule. Schlussendlich sollte gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden - unabhängig vom Geschlecht.