Nur ein Sechstel der Hauptschüler wechselt in AHS. | Schulabbrüche nach Hauptschule wesentlich häufiger. | Wien. Internationale Bildungsexperten sind sich seit langem einig: Eine frühe Bildungsselektion, wie sie in Österreich praktiziert wird, ist nicht sinnvoll.
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Mit Zahlen untermauert wurde diese Einschätzung am Dienstag bei der Präsentation der "Bildung in Zahlen 2009/10" durch die Statistik Austria. "Hauptschüler haben deutlich niedrigere Erfolgsquoten", betonte der Generaldirektor der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer. So brechen Hauptschüler häufiger als AHS-Schüler weiterführende Schulen ab und haben auch insgesamt niedrigere Bildungsabschlüsse. Nur 6,5 Prozent der Hauptschüler (siehe Grafik) wechseln in eine AHS-Oberstufe, 27,2 Prozent absolvieren das letzte Pflichtschuljahr an einer Polytechnischen Lehranstalt. Immerhin 29,3 Prozent gehen an eine Berufsbildende Höhere Schule. "Damit sinkt aber auch ihre Chance auf einen akademischen Abschluss, denn nur jeder dritte BHS-Absolvent - rund 35 Prozent - geht später an eine Uni", sagt Pesendorfer. Bei den AHS-Absolventen seien es hingegen 71,4 Prozent.
"Viele Hauptschüler trauen sich eine weiterführende Bildung einfach nicht zu. Wenn man schon mit neun Jahren zu hören bekommt: Du gehörst zu den Schwächeren, du bist nicht gut genug für das Gymnasium, hinterlässt das Spuren", erklärt Christa Koenne, Bildungsentwicklerin und Mitglied der Vorbereitungsgruppe für die neue Pädagogenausbildung im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Das Selbstvertrauen der Kinder und jungen Erwachsenen sei dadurch schwächer ausgeprägt.
Als besonders problematisch und als schlagendes Argument für die Gesamtschule sieht Koenne die Tatsache an, dass schulpflichtige Kinder bei Versagen - etwa im Gymnasium - "einfach weggeschickt werden könnten". "Die Schule entlässt die Schüler unter ihren Möglichkeiten", zeigt sich die Expertin überzeugt.
Auch im Unterrichtsministerium findet man die frühe Bildungsselektion mit zehn Jahren freilich "nicht optimal". "Die politische Zielsetzung ist natürlich die Neue Mittelschule für alle 10- bis 14-Jährigen", sagt ein Sprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Mit der ÖVP sei dies jedoch schwierig.
Betreuungsverhältnis über EU19-Durchschnitt
Laut "Bildung in Zahlen" schneidet Österreich allerdings positiv beim Betreuungsverhältnis in den Schulen ab: In den Volksschulen fallen 12,9 Schüler auf einen Lehrer (EU19-Durchschnitt: 14,6), in der AHS-Unterstufe und den Hauptschulen werden 9,9 Schüler von einem Lehrer betreut (EU19-Durchschnitt 11,5). Auf die Pisa-Ergebnisse konnte das im internationalen Vergleich gute Abschneiden bei den Betreuungsverhältnissen aber offensichtlich keinen positiven Einfluss nehmen.
"Keine schlichteKausalität zu Pisa"
"Hier besteht keine schlichte Kausalität", meint Koenne dazu. "Das Problem mit Pisa ist, dass die Schüler nicht daran gewöhnt sind, standardisierte Tests zu machen. Auch den Lehrern stellt es die Haare auf - sie glauben, dass sie gleich mit geprüft werden." Und dadurch würden sie auf die Schüler nicht motivierend einwirken, so Koenne.