Mehr Verantwortungskultur an den Schulen statt einer Josephinischen Verordnungskultur. Die Zukunft liegt in der Bildungsrepublik Österreich.
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Österreich braucht ein öffentliches Schulsystem, das sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Bildungserfolge dürfen nicht länger von Einkommen und Status der Eltern abhängig sein.
Mit dem Mut zur Gleichzeitigkeit wird in dieser Legislaturperiode ein ganzes Maßnahmenbündel umgesetzt. Vom verpflichtenden Kindergarten bis zur neuen Matura, vom neuen Dienst- und Besoldungsrecht bis zur neuen Lehrerbildung.
Unser Bildungssystem ist charakterisiert von einer hohen gesetzlichen Regelungsdichte, einer Josephinischen Verordnungskultur und einer Zersplitterung der Kompetenzen in der Verwaltung. Die Spielräume für eigenverantwortliches Handeln am Schulstandort sind zu stark begrenzt.
Mir geht es um einen Wechsel von der "Verordnungskultur" zur "Verantwortungskultur". Schulleiter mit Verantwortung, pädagogische Schwerpunktsetzungen und ein motiviertes Lehrerteam sind für die Qualität der Schule entscheidend. Die Schulaufsicht muss sich in Richtung Qualitätsmanagement weiterentwickeln. Unseren Pädagogischen Hochschulen kommt die zentrale Aufgabe in der Lehrerbildung und in der Schulentwicklung zu. Mittleres Management für große Schulen ist wesentlich.
Wir haben in Österreich bei den Pflichtschulen heute eine zersplitterte Kompetenzlage. Die innere Organisation der Schule ist in der Verantwortung des Bundes, hier werden Rechte und Pflichten der Schulpartner, Unterrichtsmittel, Leistungsbeurteilung etc. geregelt. In Fragen der Schulform, Lehrpläne, Sprachförderung liegt die Grundsatzgesetzgebung zwar beim Bund, Ausführung und Vollzug sind aber Landessache. Die Pflichtschullehrer sind Landesbedienstete. Der Bund zahlt, das Land stellt an. Länderspezifische Besonderheiten im Vollzug sind die Folge. Die mittleren und höheren Schulen sind in der Zuständigkeit des Bundes.
Der Landesschulrat ist in allen Bundesländern Bundesbehörde, er übernimmt aber nur in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, in der Steiermark und im Burgenland auch die Personalverwaltung der Landeslehrer. In den anderen Bundesländern ist diese beim Amt der Landesregierung.
Die Zukunft liegt in der Bildungsrepublik Österreich. Wir können uns kleinstaatliches Denken im Bildungsbereich nicht leisten. Deutschland soll uns in dem Punkt kein Vorbild sein. Gesetzgebung und Vollziehung müssen Bundessache sein. Die Bundesbehörde erster Instanz (Landesschulrat oder Bildungsdirektion) soll weiterhin in den Bundesländern angesiedelt sein, um die regionalen Besonderheiten gut abzubilden. Über Kollegien oder ein Beiratssystem soll die Expertise der Schulpartner und der Regionen einfließen.
Reformbestrebungen werden immer auch von machtpolitischen Überlegungen begleitet. Es ist an der Zeit, die Ziele und Prinzipien der Bildungsreform für Österreich außer Streit zu stellen.
Claudia Schmied (SPÖ) ist Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur.