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Billige Arznei ist gegen Verfassung

Von Tamas Denes

Politik

Eine von der ungarischen Regierung vorgenommene Reduktion der Medikamentenpreise um 15 Prozent wurde vergangene Woche vom ungarischen Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärt. Jetzt steht den Patienten ein massiver Preisanstieg ins Haus.


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Das Urteil des Obersten Gerichts gestattet es den Pharma-Firmen, zu dem mit der konservativen Fidesz-Regierung ausverhandelten Arrangement zurückzukehren und die Preise für Medikamente sukzessive zu erhöhen. Fidesz befindet sich derzeit in

Opposition und hat massiv gegen die Verbilligungs-Schritte der sozialdemokratischen Regierung Medgyessy protestiert.

Medgyessy bleibt stur

Der ungarische Premierminister will trotz des Gerichtsurteils die Verbilligung der Medikamente durchsetzen. Er weiche keinen Schritt zurück, sagte er bei einer Rede im berühmten Budapester Café Pilvax. Sein Gesundheitsminister Mihály Kökény stärkt ihm den Rücken: "Ein (behördlicher) Preis für Medikamente ist nichts Verfassungswidriges", gab sich der Minister unbeugsam. Die Ursache für diese Hartnäckigkeit liegt auf der Hand: trotz eines Aufschwungs in den letzten Monaten steckt die Sozialistische Partei in einem Popularitäts-Tief. Péter Medgyessy und seine Mannschaft müssen Acht geben, die Pensionisten, also den Großteil ihrer Wählerbasis, nicht zu vergrämen.

Ein ungarischer Pensionist gibt im Durchschnitt pro Monat 3.500 Forint (ca. 14 Euro) für Medikamente aus. Das entspricht ungefähr 60 Prozent des EU-Schnitts. Seit der Preisreduktion am 1. April wurden diese Ausgaben im Schnitt um 500 Forint (etwa 2 Euro) vermindert.

Preisanstieg Frage der Zeit

Die Hersteller verkündeten gleich nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, dass sie mit der Rückkehr zu den Preisen vor dem April rechneten. Der ungarische Gesundheitsminister befürchtet jetzt allerdings, dass die Pharmahersteller ihre Verluste durch unzumutbare Preiserhöhungen kompensieren wollen. András Mádai von der Pharma-Firma MSD bestätigt das indirekt gegenüber der "Wiener Zeitung": Steigende Preise seien in Zukunft nicht zu vermeiden. Es sei aus diesem Grund nötig, die Ausgaben für Medikamente als Teil der Gesundheitsausgaben insgesamt zu erhöhen, so der Pharma-Vertreter.