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Eine staatstragende Opposition wollen die Grünen sein, zumindest reden sie schon öfter davon als die Neos. Bereit, das größere Ganze über eigene Interessen zu stellen. Eine Demonstration der Regierungsfähigkeit in deutlicher Abgrenzung zu FPÖ und Team Stronach.
Nun, lange hat diese staatstragende Phase nicht angehalten: Am Freitag werden Grüne wie Neos - bei FPÖ und Team Stronach versteht sich das von selbst - im Nationalrat gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für Griechenland stimmen. Schon am Donnerstag blieben SPÖ und ÖVP mit ihrem Ja alleine. Dabei sind die Grünen sehr wohl froh, dass ein "Grexit" verhindert werden konnte, sie stoßen sich aber am Wie und sehen eine "Aushebelung demokratiepolitischer Grundsätze".
Das ist natürlich eine politisch legitime Sicht auf das griechische Drama. Aber eben auch ziemlich feig und noch dazu parteipolitisch einäugig.
Als Ende 2011 der irrlichternde Rechtspopulist Silvio Berlusconi auf dem Höhepunkt der damaligen italienischen Schuldenkrise seinen Rücktritt erklärte, geschah dies nicht nur, weil er seine Mehrheit im römischen Parlament verloren hatte, sondern auch, weil die europäischen Partner und Institutionen hinter den Kulissen erheblichen Druck ausübten.
Damals war von Empörung keine Rede. Eher im Gegenteil. Für das Ende des dubiosen Medienzaren gab es damals wie heute gute Gründe, zumal der so seriöse wie angesehene Mario Monti die Regierungsgeschäfte an der Spitze eines Technokratenkabinetts übernahm und versprochene Reformen durchs Parlament brachte.
Mit einem Nein zur Griechenland-Hilfe lassen sich billig Punkte sammeln. Die Grünen bedienen damit wenigstens symbolisch die Sympathisanten der abgesagten Revolution in den eigenen Reihen. Und die Neos nutzen die Gelegenheit, für ihr Modell eines Kapitalismus mit menschlichem Antlitz zu werben. Im Fall Griechenlands würde dies bedeuten: geordnete Insolvenz samt Schuldenschnitt und humanitäre Hilfe, um "das ärgste Chaos" zu vermeiden.
Als Regierungspartei würden zweifellos sowohl Grüne wie Neos für das Griechenland-Paket stimmen. Dass sie es in der Opposition nicht tun, ist ihr gutes Recht. Nur staatstragend ist das eben nicht. Aber warum auch, wenn auch Vertreter der Regierungsparteien rhetorisch auf Opposition machen, derzeit etwa beim Thema Asyl.