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"Bin ein sozialpolitischer Mensch"

Von Brigitte Pechar

Politik

Kaske will noch heuer für Pensionen ein Bonus/Malus-System ausarbeiten.


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Wien. Der langjährige Vorsitzende der Gewerkschaft vida, Rudolf Kaske, wurde am Dienstag bei der Hauptversammlung der Arbeiterkammer mit 93,55 Prozent der Stimmen (58 von 62) zum neunten Arbeiterkammer-Präsidenten in der Zweiten Republik gewählt. Sein Vorgänger Herbert Tumpel geht nach 16 Jahren an der AK-Spitze in Pension. Tumpel sprach in seiner Abschiedsrede von einem "bewegenden Moment". Er empfahl der Kammer, weiter Seite an Seite mit der Gewerkschaft - möglichst über die Fraktionsgrenzen hinweg - für die Rechte der Arbeitnehmer einzutreten. Seinem Nachfolger wünschte er viel Kraft und Elan.

Die Sozialpartner-Präsidenten Erich Foglar (ÖGB), Christoph Leitl (Wirtschaftskammer) und Gerhard Wlodkowski (Landwirtschaftskammer) dankten Tumpel "für die jahrelange gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit" und hießen Kaske als handschlagfesten und innovativen Interessenvertreter, der lösungsorientiert Probleme angegangen sei, willkommen.

"Wiener Zeitung":Ihr Vorgänger Herbert Tumpel gilt als intellektueller und bedächtiger Typ, Sie sind bekannt für kräftigere Formulierungen. Dürfen wir solche von Ihnen auch weiterhin erwarten?

Rudolf Kaske: Wichtig ist, dass man Dinge vorher im Kreis der Verbündeten ausdiskutiert. Das werde ich tun und gemeinsam mit den Experten der Arbeiterkammer und der Gewerkschaften eine Meinung bilden. Aber klar ist, dass ich das in der einen oder anderen Frage pointiert auf den Punkt bringen werde, damit in der Öffentlichkeit entsprechende Aufmerksamkeit erreicht wird - weil es ja um die Interessen der Arbeitnehmer geht.

Sie werden jetzt an vorderster Front sozialpartnerschaftliche Verhandlungen führen müssen. Wie kommen Sie mit Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl oder auch mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, zurecht?

Menschlich werden wir gut zusammenarbeiten können. Ich habe mit Präsident Leitl schon auf einer anderen Ebene Kontakt gehabt, Präsident Kapsch kenne ich weniger, aber da werden sich in nächster Zeit Gelegenheiten ergeben. Dass wir inhaltlich andere Positionen vertreten, liegt in der Natur der Sache. Leitl zum Beispiel sagt immer: "Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut." Ich setze dem entgegen: Geht’s den Menschen gut, geht’s der Wirtschaft gut.

Sie haben angekündigt, den Faktor Arbeit steuerlich entlasten zu wollen. Die Industriellenvereinigung hat dazu bereits ihr Konzept vorgelegt, können Sie dem etwas abgewinnen?

In dem IV-Konzept ist auch eine teilweise Anhebung der Mehrwertsteuer enthalten, das lehnen wir ab. Wir werden unsere eigenen Modelle entwickeln und sie auf den Tisch legen. Denn schon 2008 war ein Erfolgsfaktor gegen die Krise die Steuerreform: Die Kaufkraft wurde gestärkt, die Wirtschaft hat davon profitiert. Ich werde im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit dafür kämpfen, dass eine Vermögenssteuer eingeführt wird. Da sehe ich sogar im Internationalen Währungsfonds und in der OECD Verbündete. Auch über die Managergehälter, die um das 48-Fache höher sind als Gehälter der Facharbeiter wird man reden müssen. Manager-Boni sollten auf 50 Prozent des Fixgehalts begrenzt werden.

Sie haben in der Rede nach Ihrer Wahl gemeint, Sie wollen, dass ältere Arbeitnehmer kein Auslaufmodell, sondern ein Erfolgsmodell sein sollen. Wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Nächstes Jahr tritt die De-facto-Abschaffung der Invaliditätspension in Kraft. Ich will noch heuer mit den Sozialpartnern ein Bonus/Malus-System im Pensionsbereich ausverhandeln, das ab 2014 gelten soll. Wie das genau aussehen soll, dazu möchte ich jetzt noch nichts sagen.

Wird Ihr Arbeitsschwerpunkt auf dem Serviceangebot für die mehr als drei Millionen AK-Mitglieder oder auf dem politischen Druck auf die Regierung liegen?

Ich bin ein politischer Mensch, stehe seit 40 Jahren für Verbesserungen der Bedingungen für Arbeitnehmer - an diesem Schwerpunkt wird sich nichts ändern. Das umfasst Punkte wie Lebensqualität, Bildung, leistbares Wohnen - ich bin und bleibe ein sozialpolitisch denkender Mensch.

Zur Person
Rudolf Kaske (57)
Der neue AK-Präsident ist gelernter Koch und war schon während seiner Ausbildung gewerkschaftlich engagiert. Kaske absolvierte die Sozialakademie der AK; 1987 wurde er Zentralsekretär der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst und Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes. Er setzte die Einführung der Fünftagewoche im Tourismus in Österreich im Mai 1992 durch. Ab April 1995 war Kaske Vorsitzender der Gewerkschaft HGPD. Seit Dezember 2006 ist er Vorsitzender der neu gegründeten Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida.