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Bio-Boom ist "ganz klar gebremst"

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Stammkunden sind für den Bio-Fachhandel besonders wichtig: Acht Prozent der Kunden sind für 60 Prozent des Umsatzes verantwortlich, ergab eine Auswertung.Foto: basic

Eigenmarken heizen Preiskampf an. | Bio-Supermärkte haben Expansion großteils verschoben. | Wien. Der Bio-Boom der letzten Jahre ist zwar vorbei. Der Umsatz mit biologischen Lebensmitteln wuchs aber im Vorjahr immer noch stärker als der gesamte Lebensmittelumsatz in Österreich, der laut vorläufigen Nielsen-Zahlen nominell um 2,1 Prozent zulegte. Ab 2003 wuchs der Bio-Umsatz noch um jährlich acht Prozent auf 914 Millionen Euro 2008.


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Auch die deutsche Bio-Branche muss sich von den fast durchgehend zweistelligen Wachstumsraten der letzten Jahre verabschieden. Dort stagnierte der Bio-Umsatz 2009 bei 5,8 Milliarden Euro, wie im Vorfeld der BioFach-Messe in Nürnberg bekannt wurde. Zu der Leitmesse von Mittwoch bis Samstag werden 2500 Aussteller und 46.000 Fachbesucher aus 100 Ländern erwartet. Für die Umsatzstagnation macht die Bio-Branche sinkende Preise verantwortlich. Schließlich führt mittlerweile jeder größere Supermarkt Biowaren, und Diskonter heizen mit ihren Eigenmarken den Preiskampf an.

Treue Bio-Freaks

Der große Vorteil der klassischen Händler gegenüber den Bio-Fachmärkten: "Die Kunden können bequem bei einem Einkauf zwischen konventionellen und Bio-Marken mischen", sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Reinen Bio-Supermärkten fehlt diese Option, wie Kay Jesemann, Geschäftsführer des Bio-Supermarktes Basic, einräumt: "In der Krise schauen die Kunden aufs Geld - deswegen wechselt ein Teil der Bio-Klientel zum klassischen Supermarkt."

Die Stammkunden würden aber bleiben - und gerade diese sind für den Bio-Fachhandel besonders wichtig: Acht Prozent der Stammkunden stehen für 60 Prozent des Gesamtumsatzes, wie eine Auswertung des deutschen Gfk-Haushaltspanels ergab.

Die klassischen Lebensmittelhändler sind laut Bio Austria hierzulande für zwei Drittel des Bio-Umsatzes verantwortlich. Der Bio-Fachhandel - also Reformhandel und Bio-Supermärkte - bleibt nach einer Expansionsoffensive vor einigen Jahren in der Nische. Der Umsatz der Bio-Supermärkte stagniert seit einigen Jahren, sagt Ralph Liebing von Bio Austria.

"Die klassischen Handelsketten machen den Bio-Supermärkten mit ihren Eigenmarken und ihrem großen Filialnetz harte Konkurrenz", so Liebing. Den verstärkten Konkurrenzdruck der Eigenmarken machte auch der Bio-Supermarkt Livit mit damals fünf Filialen für seinen Konkurs Ende 2008 verantwortlich. Das große Bio-Sortiment der Einzelhändler zwingt laut Regioplan-Experte Michael Oberweger die Bio-Supermärkte, ihre ambitionierten Expansionspläne zurückzuschrauben. Auch Liebing rechnet in den kommenden Jahren nur mit vereinzelten Standorteröffnungen: "Die Zahl der Filialen hat sich auf rund 30 eingependelt."

Bio-Supermärkte sind derzeit fast ausschließlich in großen Städten zu finden - nur dort gebe es auch ausreichend Marktpotenzial, so Oberweger. Biomärkte haben nur in Bezirken mit höherem Einkommen und Bildungsgrad Erfolg.

Maran musste etwa eine Filiale in Wien Floridsdorf wieder zusperren. "Vor allem Personen mit höherem Bildungsgrad beschäftigen sich mit Ernährung", erklärt Jürgen Menz, Geschäftsführer von Biomarket mit acht Standorten, davon drei in Wien. Biomarket sperrte 2009 im April eine Filiale in Salzburg zu, dafür wurde eine in Linz eröffnet. Mitbewerber Basic hält derzeit bei je einem Markt in Wien und Salzburg. Die für Spätsommer 2009 angekündigte Neueröffnung einer Filiale wurde auf Frühjahr 2010 verschoben.

Maran-Geschäftsführer Stefan Maran sieht noch Marktpotenzial im Wiener Raum, um sein Netz von fünf Märkten zu erweitern: "Geeignete Standorte sind aber schwer zu finden."

Weniger neue Produkte

Aber auch für die großen Ketten ist der Markt kein Honiglecken: Das Potenzial an neuen Bio-Produkten scheint ausgeschöpft. Das Sortiment der Bio-Eigenmarke Spar Natur pur umfasst 600 Produkte, im Vorjahr sind laut Berkmann nicht mehr viele neue Produkte hinzugekommen. Nach 30 Prozent Umsatzplus oder mehr in den letzten Jahren hat sich das Wachstum der Bio-Eigenmarke 2009 auf knapp zehn Prozent eingebremst. "Der Bio-Boom ist vorbei, aber Bio ist nicht am absteigenden Ast", so Berkmann. Auch die Rewe-Eigenmarke Ja! Natürlich mit mehr als 1000 Produkten ist 2009 nur einstellig gewachsen.