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Bio-Produkte - gut für das Gewissen, aber nicht unbedingt für den Körper

Von Petra Tempfer

Analysen

Man fühlt sich fitter und vitaler und würde sich am liebsten selbst auf die Schulter klopfen: Wenn man einen Einkaufswagen voll mit Bio-Produkten vor sich herschiebt, von denen Gütesiegel aller Variationen leuchten. Der Bio-Anteil der Einkäufe im Lebensmitteleinzelhandel steigt laut Agrarmarkt Austria stetig an: Bei Erdäpfeln und Eiern etwa betrug er im Vorjahr 18 Prozent, 2008 waren es 15 Prozent. Dass man mit den Gütesiegeln ein gesünderes, vitaminreicheres Produkt einkauft, ist allerdings nicht garantiert.


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Haben doch wissenschaftliche Studien ergeben, dass all jene, die Bio-Lebensmittel essen, nicht gesünder als Normalesser sind. Ein Gütesiegel besagt lediglich, dass das Produkt biologisch hergestellt worden ist. Was bedeutet, dass keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel verwendet worden sind, so Werner Windhager von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Statt dessen greifen die Bio-Landwirte zu organischen Substanzen, die sie aber nicht auf die Pflanze sprühen, sondern in den Boden einarbeiten. Schädlinge, die auf der Pflanze sitzen, werden somit nicht direkt bekämpft.

Muss das Gütesiegel also eher als Warnung aufgefasst werden? "Die Produkte werden zwar nicht mit Pestiziden behandelt - durch die Substanzen im Boden ist die Pflanze aber kräftiger und kann sich gegen Schädlinge wehren. Außerdem schmecken die Früchte besser", beruhigt Erwin Huber von der Bio-Kontrollstelle "Lacon". Sie ist eine der acht Kontrollstellen in Österreich, die einmal jährlich jedes Unternehmen, das Bio-Ware herstellt, auf die Einhaltung der Gütesiegel-Kriterien überprüfen.

Nahezu 40 Gütesiegel gibt es derzeit in Österreich. Sie sind nationaler, regionaler oder privater Natur - seit 2010 muss neben jedem Siegel auch das "Euro-Blatt" prangen. Dieses garantiert, dass das Produkt der EU-Verordnung für biologische Landwirtschaft entspricht. Demnach müssen mindestens 95 Prozent der Zutaten biologisch hergestellt worden sein. Auch die genaue Dokumentation des Anbaus wird gefordert.

Ob Gurke, Paradeiser und Co. aus Österreich stammen, ist allerdings nicht immer eindeutig. Allein, wer die Aufschrift "Österreich-Landwirtschaft" unterhalb des "Euro-Blattes" findet, kann sich laut Huber in Sicherheit wiegen, in ein Produkt aus Österreich zu beißen. Das AMA-Biosiegel ist da schon vager. Hier scheint zwar der Schriftzug "Austria" vielversprechend - laut Kriterien müssen jedoch nur zwei Drittel der Rohstoffe aus Österreich kommen.

Dass diese oft importiert werden und dadurch sogar billiger werden, liegt laut Huber an den vergleichsweise geringen Lohnkosten für Arbeiter im Ausland sowie den niedrigen Transportkosten. "Am sinnvollsten wäre es, das saisonale Angebot in Österreich zu nutzen", resümiert Windhager, "und jetzt Erdbeeren zu essen. Gurken gäbe es erst Mitte Juni - Bananen nie."

Siehe auch:Neuer Schuldiger gesucht