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Biodiesel und e-Fuel können das Auto nicht retten

Von Kurt Baier

Gastkommentare

Der nun wieder propagierte Treibstoff aus Strom ist mit Blick auf den vergleichsweise miserablen Wirkungsgrad keine sinnvolle Alternative zum Stromantrieb.


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Es wird der Klimanotstand ausgerufen, und gleichzeitig wird uns versprochen, dass wir weiter mit dem Auto fahren könnten wie gewohnt, denn Benzin und Diesel sollen durch e-Fuel und Biodiesel ersetzt werden. So wünscht man es sich, doch e-Fuel und Biodiesel sind für das Auto die denkbar schlechteste Wahl. Infolge geringer Energieeffizienz von der Quelle bis auf die Straße sind diese Ersatztreibstoffe im Klimawandel kontraproduktiv. Die jüngst von Ministerin Elisabeth Köstinger vorgestellten Pläne für Diesel aus Schadholz helfen weder den Bauern noch dem Klima.

Der Wirkungsgrad der pflanzlichen Photosynthese liegt pflanzenabhängig zwischen 0,5 und 0,9 Prozent. Ganz egal, ob im Regenwald oder auf unseren Feldern: Weniger als ein Hundertstel der einfallenden Sonnenenergie wird in Energie in der Pflanzenmasse umgewandelt. Solare Stromerzeugung ist im Vergleich dazu deutlich effektiver. Heute handelsübliche Photovoltaik-Module setzen 19 Prozent der einfallenden Sonne in Strom um. Nicht nur an der Quelle, auch im Auto ist der Strom dem Biodiesel aus Pflanzen überlegen. Ein Elektromotor schafft nahezu immer mehr als 90 Prozent Wirkungsgrad, der beste Dieselmotor kommt nicht über 40 Prozent.

Nicht Flächen verbrauchen, die wir aufforsten sollten

Rechnet man die ganze Kette vom Feld über die Biodieselerzeugung beziehungsweise von der Solarzelle über Stromnetz und Akku bis zum Rad auf der Straße, bekommen wir beim Biodiesel je Quadratmeter Feld jährlich nur 5 Kilometer, hingegen mit dem Elektroauto je Quadratmeter Solarzellen jährlich 500 Kilometer Reichweite. Neben der hundertfach besseren Kilometerausbeute haben Solaranlagen auf unseren Dächern keinen Flächenverbrauch.

Wenn wir weltweit alle waldtauglichen Flächen aufforsten, könnten wir zwei Drittel des seit der industriellen Revolution emittierten CO2 aus der Atmosphäre zurückholen (Jean-François Bastin und Tom Crowther von der ETH Zürich). Wir könnten das Treibhaus auf 1970 zurückstellen. Wald mit seinem etwa hundertjährigen Umschlag speichert im Vergleich zu Feldern und Wiesen die hundertfache Menge Kohlenstoff. Gegenwärtig bewegen wir uns in die Gegenrichtung. In den Entwicklungsländern wird ohne Wiederaufforstung Holz geraubt, und jede zusätzliche gerodete Fläche für Biodiesel geht für unser Klima ebenfalls in die falsche Richtung.

Nur wenn wir uns in die natürlichen Waldkreisläufe einklinken, den Holzeinschlag wiederaufforsten, ist die energetische Nutzung von Holz klimaneutral, indem das nachwachsende Holz das bei Verbrennung oder auch Verrottung freiwerdende CO2 aus der Atmosphäre zurückholt. Hingegen wenn wir hundertjährigen Wald durch einjährige Felder ersetzen, werden je Hektar 2.300 Tonnen CO2in die Atmosphäre unserer Kinder freigesetzt.

Das Speicherproblem vom Sommer in den Winter lösen

Alleine in Deutschland gibt es zwanzig größere Forschungsprojekte, die sich bemühen, aus Strom, Wasser und CO2 flüssige Energieträger wie Alkohol, Methanol, Diesel oder auch Benzin herzustellen. Wer glaubt, dass damit unsere Autos im Jahr 2050 fahren werden, der irrt allerdings gewaltig. Die Technik, die da gesucht wird, nennt sich Power-to-Liquid (Energie zu flüssig) und wird von überzeugten Verbrennungsmotoranhängern gerne auf e-Fuel (Treibstoff aus Strom) umgetauft. Wird Solarstrom verwendet, dann erhält man für ein Dieselauto je Quadratmeter Solarzellen jährlich 100 Kilometer. Das ist immerhin 20-mal mehr als mit Biodiesel, aber nur ein Fünftel im Vergleich zum Elektroauto.

Wozu brauchen wir Power-to-Liquid beziehungsweise e-Fuel, wenn dieser Sprit für das Autofahren so ineffizient ist? Da Solarstrom die effizienteste und größte klimaneutrale Energiequelle ist, muss das Speicherproblem vom Sommer in den Winter gelöst werden. Gegenwärtig vielversprechend läuft die Forschung für Power-to-Gas, die Umwandlung von Überschussstrom in Methan, das im vorhandenen Gasnetz verteilt und kurzzeitig vom Tag in die Nacht gespeichert werden kann. Mit einem flüssigen Brennstoff wären aber eine Speicherung über das Jahr und ein Transport unabhängig vom Gasnetz möglich. Von der größeren Energiedichte flüssiger Brennstoffe erwartet man sich einen Kostenvorteil insbesondere bei der Lagerung. Letztlich geht es um wirtschaftliche Effizienz.

Umweltfreundlich ist zu wenig. Unsere Klimaziele für 2050 sind nur erreichbar, wenn die Maßnahmen dazu auch finanzierbar sind. Wir dürfen unsere Autos mit Verbrennungsmotor nicht künstlich mit teurem Sprit am Leben erhalten. Gegenwärtig ist das E-Auto aus einer Nischenproduktion noch teuer. In einer Massenproduktion wird das E-Auto deutlich billiger werden und kann so die Verbrenner ersetzen, genauso wie nach 1900 die Pferdefuhrwerke binnen zehn Jahren von den Autos abgelöst wurden.