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Birgit Hebein: Die grüne Sozialarbeiterin

Politik

Birgit Hebein prägte das Singen antifaschistischer Lieder in der Kindheit. Die Grüne wurde nicht in Hainburg politisiert. Das Verkehrsressort ist Neuland für die Vassilakou-Nachfolgerin.


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Wien. Der Wechsel wird nun zur Gänze vollzogen: Birgit Hebein, die erst am Wochenende zur Chefin der Wiener Grünen gekürt wurde, übernimmt nun die Ämter ihrer Vorgängerin Maria Vassilakou. Sie wurde heute, Mittwoch, im Gemeinderat offiziell zur Verkehrs- und Planungsstadträtin sowie zur Vizebürgermeisterin gewählt. Überdies geht Hebein als grüne Spitzenkandidatin in die kommende Wien-Wahl.

Hebein (52) sitzt seit 2010 für die Grünen im Gemeinderat und ist dort Sprecherin für Sicherheit und Soziales, ein Thema auf das sie in jedem Gespräch, in jeder Rede hinweist. "Ohne soziale Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden", "Wenn wir die soziale Frage eskalieren lassen, dann dürfen wir uns über das, was in Chemnitz passiert ist, nicht wundern. Das will ich für Wien nicht." Auch die Klimakrise könne "nur mit der sozialen Frage beantwortet werden", zeigt sie sich überzeugt. "Spätestens mit diesem Hitzesommer, diesen Überschwemmungen, muss allen klar sein, dass die Klimakrise eine soziale Krise ist", sagt Hebein.

Öffentliche Aktionen gegen das Militär

Die diplomierte Sozialarbeiterin und chinesische TCM-Therapeutin wurde im Unterschied zu vielen Grünen ihrer Generation nicht in Hainburg politisiert – die Besetzung der Au und die damit verbundene Verhinderung eines Kraftwerks im Jahr 1984 zählt zur Geburtsstunde der Partei. Hebein beruft sich stattdessen auf die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Wehrdienstverweigerung. Dort habe sie gelernt, was es heißt, Zivilcourage zu haben. Die Arge führt Beratungen zu allen Fragen der Wehrdienstverweigerung durch, hält Beraterschulungen ab und organisiert immer wieder öffentliche Aktionen gegen das Militär.

Von 2000 bis 2002 war sie bei der Grünen Gewerkschaft Auge aktiv, von 2005 bis 2010 Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus.

Hebein wurde am 13. Jänner 1967 in Villach geboren. Ihre Jugend verbrachte die Tochter eines Maurers und einer Hausfrau in einem kleinen Dorf in Kärnten. Geprägt wurde sie durch das Singen von slowenischen und deutschen Liedern. Darunter vor allem jene mit antifaschistischen Inhalten. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern im 15. Bezirk.

Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Sie legt ihren Fokus auf Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit. Als Beispiele für ihre Arbeitsschwerpunkte nennt sie die Ausbildung junger Menschen, den Umgang mit obdachlosen Menschen sowie die Mindestsicherung. Denn als Sozialsprecherin war sie maßgeblich an den Verhandlungen über das neue Wiener Mindestsicherungsmodell beteiligt. Das von der SPÖ umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern kritisierte sie scharf.

Unterstützt aus dem Umfeld der Gras

Interne Unterstützung bekommt Hebein aus dem Umfeld der Grünen & Alternativen Student_innen (Gras). Wie stark Gras in der Partei verankert ist, zeigte sich vor mehr als zwei Jahren. Damals kam es zum Konflikt mit den Jungen Grünen, die sich von Gras abspalteten. Als Grund nannten die Jungen Grünen, dass ihnen Gras zu undemokratisch sei. Die jungen Grünen unterstützten daraufhin eine Gruppe grüner Studenten, die bei der Wahl zur Hochschülerschaft in Linz und Graz kandidieren wollten. Ein No-Go für Gras. Die Gras machte ihren Einfluss geltend, die Bundespartei schloss die Jungen Grünen von der Partei aus. Sie sei eine "hartnäckige Verhandlerin", zäh und erfahren, beschreibt sich Hebein selbst.

Bei ihrer Antrittspressekonferenz versicherte sie: "Ich mache linke Politik – was denn sonst?" Linke Politik bedeute Menschlichkeit, Menschenrechte, Gleichberechtigung und einen sorgsamen Umgang mit Natur und Umwelt. "Man muss sich vor linker Politik nicht fürchten", so ihr Credo.

In ihrer neuen Funktion wird ihr Hauptfokus jedoch nicht auf sozialpolitischen Inhalten liegen. Vielmehr will sie den Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rücken. Außerdem werden ihr die Dauerbrenner-Themen wie Lobautunnel, Parkraumbewirtschaftung, das Heumarkt-Projekt oder auch der – von den Grünen geforderten und vom roten Koalitionspartner kategorisch abgelehnten – City-Maut nicht erspart bleiben. Eine Herausforderung für Hebein, die weder mit Verkehrs- noch mit Planungsagenden bisher zu tun hatte.

Die laufende Koalitionsperiode mit der SPÖ geht nach aktuellem Stand noch bis bis zum Herbst 2020. Dann sollen die Wien-Wahlen stattfinden. Welche Themen bis dahin noch abzuarbeiten sind, konnten die Grünen am Mittwoch jedoch auch nach mehrmaliger Nachfrage nicht beantworten. (vasa)