7 Millionen Euro darf einer Partei der Wahlkampf kosten. Alle wollen sich daran halten - aber es gibt Zweifel.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Kreditkarten willkommen. Wer Bundeskanzler Christian Kern für den Wahlkampf online 10 Euro spendet, finanziert damit 300 Flyer. Mit 500 Euro geht sich ein mobiles Callcenter für einen Tag aus. Unterstützer von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz können mit 10 Euro 250 Infofolder sponsern, mit 500 Euro "ein kleines Event", heißt es auf der ÖVP-Homepage.
Inserate, Plakate, Werbeagenturen, zusätzliches Personal: Der Kampf um Wählerstimmen geht ins Geld, und Online-Fundraising ist auch eine Möglichkeit, um die Kassen aufzufüllen. Wobei Kurz damit weitaus erfolgreicher ist als Kern. In seinem "Klingelbeutel" trudeln laufend Spenden ein - viele kleine, aber auch etliche Großspenden mit fünfstelligen Beträgen. Name und Spendenhöhe werden - getrennt nach Beträgen bis 3500 Euro (nur nach Einwilligung) und ab 3501 Euro - auf der Homepage veröffentlicht.
Die SPÖ forciert diese Art der Mittelaufbringung nicht, zumal sie "keine Spendenpartei" ist, wie es in der Parteizentrale heißt. Die SPÖ nimmt keine Spenden über 20.000 Euro an und veröffentlicht auch keine Namen. Die FPÖ betreibt auch kein aktives Spendensammeln und will generell keine Großspenden haben. Die im internationalen Vergleich großzügige Parteienförderung sei ausreichend, und man wolle nicht noch zusätzlich bei den Steuerzahlern "schnorren", sagt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl auf Anfrage.
Heuer erhalten die Parteien rund 209 Millionen an staatlicher Förderung. Bundes- und Landesebene zusammengerechnet, bekommen die ÖVP mit 57,4 Millionen und die SPÖ mit 55,2 Millionen Euro am meisten. Die FPÖ kann sich über 43,6 Millionen Euro freuen.
Grüne gegen "Spendenkeilerei"
Die Grünen sind gegen "Spendenkeilerei" im Wahlkampf und fordern, dass Unternehmensspenden generell verboten werden. Privat-Spenden sollten auf 10.000 Euro pro Person und Jahr begrenzt werden. Derzeit müssen Parteien Spenden ab 3500 Euro pro Spender und Jahr in ihrem Rechenschaftsbericht namentlich offenlegen. Einzelspenden von über 50.000 Euro müssen unverzüglich als Großspende an den Rechnungshof gemeldet werden, der diese online veröffentlicht. Die Offenlegung kann jedoch durch Stückelung in mehrere Einzelbeträge umgangen werden. Es brauche klare und schärfere Regeln, so der Klubobmann der Grünen, Albert Steinhauser. Ansonsten drohe Österreich eine "Amerikanisierung" der Wahlkämpfe. Es haben etwa Pharmaunternehmen im vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf hohe Spenden gezahlt. Nach der Wahl sei dann das Thema der Kostensenkung auf Medikamente verschwunden gewesen.
Der Wahlkampf wird auf jeden Fall wieder teuer. Der Politologe Hubert Sickinger geht davon aus, dass die Kandidaten des Nationalratswahlkampfes 2017 über 40 Millionen Euro ausgeben werden. 2013 meldeten die Parteien 47,6 Millionen Euro.
Laut Parteiengesetz 2012 gilt für alle Wahlen auf Bundesebene eine Wahlkampfkosten-Obergrenze von sieben Millionen Euro pro Partei. Bei Überschreitungen werden Strafzahlungen von 10 bis 20 Prozent des Überschreitungsbetrages fällig. Die drei "Großen" - FPÖ, SPÖ und ÖVP - beteuern, sich an die Grenze halten zu wollen. Die SPÖ vermutet jedoch, dass die ÖVP angesichts ihrer Ausgaben unmöglich die 7-Millionen-Grenze einhalten wird können. Die SPÖ selbst wird inklusive Landesparteien und befreundeten Organisationen 6,5 Millionen aufwenden, sagt sie. ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger wiederum vermisst bei der SPÖ die Veröffentlichung von Spenden und die Offenlegung der Rolle aller Vereine.
Zu späte Offenlegung der Wahlkampffinanzierung
Bei der Wahl 2013 haben drei Parteien zu viel ausgegeben. Das Team Stronach ließ sich den Wahlkampf 13,5 Millionen Euro kosten und wurde vom "Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat" im Bundeskanzleramt zu einer Geldbuße von 567.000 Euro verdonnert. Die ÖVP überzog um 4,3 Millionen Euro und büßte dies mit 300.000 Euro. Die SPÖ gab um rund 327.000 Euro zuviel aus und musste 15.000 Euro zahlen. Die FPÖ kam auf 6,5 Millionen, die Grünen haben 5,4 Millionen Euro ausgegeben und die erstmals angetretenen Neos 760.000 Euro. Das BZÖ, das den Einzug ins Parlament verpasste, gab 2,8 Millionen Euro aus.
Die Wahlkampfkosten müssen gemeinsam mit dem Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei im Herbst des Jahres nach der Wahl an den Rechnungshof gemeldet werden, also erst lange nach der Wahl. Die Einhaltung der gesetzlichen Regeln könne aber durchaus ein relevantes Motiv für die Wahlentscheidung darstellen, so Politologe Sickinger. Er fordert die Einführung einer zeitnahen Offenlegung der Wahlkampffinanzierung und relevanter Spenden bereits eine Woche vor der Wahl.
Hans Peter Haselsteiner hat den Neos heuer schon 398.000 Euro zukommen lassen. Der Unternehmer hat schon das Liberale Forum, in dem er aktiv tätig war, in den Jahren 2012 und 2013 mit fast 700.000 Euro unterstützt.
Die bisher größte Einzelspende im heurigen Wahlkampf hat die ÖVP bekommen: KTM-Chef Stefan Pierer überwies 436.463 Euro. Unternehmer mit Immobilienhintergrund haben bisher über 200.000 Euro für ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz gespendet. Damit komme jede dritte Großspende aus dieser Branche, berichtet das Wirtschaftsmagazin "trend". Die Liste Pilz meldete im August eine Großspende von 98.000 Euro von Anwalt Alfred Noll, der auf Platz 3 der Bundesliste kandidiert.