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Bis aufs Blut der Steuerzahler

Von Katharina Schmidt

Politik
"Linz war ein professioneller Kontrahent", sagt Bawag-Chef Byron Haynes. Franz Dobusch kommt erst am 19. August zu Wort. Jenis

Bawag-Vorstandschef Byron Haynes sagte aus: Linz selbst schuld an Verlust.


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Wien. Einen derartigen Medienrummel sieht man am Handelsgericht im sterilen Büroturm in der Marxergasse selten. Noch dazu am Freitagnachmittag mitten im Hochsommer. Aber in diesem Fall war der Saal voll bis auf den letzten Platz. Kein Wunder, handelte es sich doch um den Auftakt des Prozesses im Rechtsstreit der Stadt Linz gegen die ehemalige Gewerkschaftsbank Bawag. Dazu waren keine Geringeren als der britische Vorstandschef der Bawag, Byron Haynes, und der Linzer SPÖ-Bürgermeister Franz Dobusch als Zeugen geladen.

Worum es geht: Die Stadt Linz hat im Jahr 2007 bei der Bawag den "Swap 4175", eine riskante Wette auf den Kurs des Schweizer Franken, abgeschlossen. Als sich in der Finanzkrise die Werte verschlechterten, hat die Bawag der Stadt einen Ausstieg angeboten, worauf diese nicht reagiert habe. Stattdessen stellte die Stadt 2011 die Zahlungen ein und klagte die Bawag auf Rückzahlung der bisher geleisteten Zahlungen in der Höhe von 24,7 Millionen Euro. Das Argument der Stadt: Das Geschäft sei gar nicht rechtens zustande gekommen, weil der nötige Gemeinderatsbeschluss gefehlt habe. Die Bawag antwortete mit einer Widerklage und verlangt als Schadenersatz für die nicht geleisteten Zahlungen 417,7 Millionen Euro samt Zinsen. Zu der Causa gibt es einen kritischen Bericht des Rechnungshofs, der empfohlen hat, die verantwortlichen Politiker persönlich haftbar zu machen. Der in der Affäre angeklagte Finanzstadtrat Johann Mayr hat vergangene Woche seinen Rücktritt angekündigt.

Zuerst befragte Richter Andreas Pablik Haynes mithilfe einer Dolmetscherin, der immer wieder betonte, dass er zum Zeitpunkt des Abschlusses des Deals noch nicht in der Bank war. Allerdings könne er sagen, dass der Swap-Deal ein marktübliches Produkt war. Man habe in einem Ausschreibungsverfahren gegen die Bank Austria gewonnen. "Es war die Entscheidung der Stadt Linz, den Zuschlag der Bawag zu geben", sagte Haynes.

"Die Stadt Linz hat sich selbst Schaden zugefügt"

Der Richter verlas auch eine Notiz über ein Gespräch zwischen Bawag und Stadt 2008: Die Qualitätsstandards bei der Einführung neuer Produkte ab 2008 seien mit jenen 2007 nicht vergleichbar. Haynes kannte das Dokument nicht, was die Sachkenntnis der Stadt betrifft, betonte er aber: "Linz war ein professioneller Kontrahent mit hunderten Mitarbeitern in der Finanzabteilung, so wie die Bawag." Als es schlechter gelaufen sei, habe man mehr als 50 Mal mit der Stadt kommuniziert und Ausstiegsszenarien angeboten, aber es habe keine Reaktion gegeben. "Die Stadt Linz hat sich selbst Schaden zugefügt", sagte er.

Ähnlich scharf blieb die Diktion zwischen den Anwälten, die Haynes daraufhin befragten. Fast jede der Fragen wurde von der Gegenseite filetiert, auch der Richter musste die Anwälte gelegentlich daran erinnern, dass eine Frage nicht zum für den Freitag geplanten Verhandlungsthema passe. "Bitte, halten Sie sich an meinen Zeitplan", meinte Pablik zu den Anwälten. Und - in Richtung der weniger prozesserfahrenen Anwesenden: "Willkommen im Zivilprozess um eine halbe Million Euro, so wird es das nächste Jahr weitergehen."

Der Richter hatte sich bereits im Frühjahr in einer Mediation fruchtlos darum bemüht, dass der Rechtsstreit nicht vor Gericht landet. Denn wer auch immer diesen Prozess verliert: Es wird zu einem Gutteil auch der Steuerzahler sein. Sollte die Bawag verlieren, besteht die Gefahr, dass der Staat sie auffangen muss. Sollte Linz verlieren, werden Land und Bund wohl auch einspringen müssen. Denn der Streitwert ist auf 500 Millionen Euro angestiegen - Tendenz täglich steigend.

Am 19. August sagt Bürgermeister Dobusch aus

Fortsetzung folgt am 19. August. Dann wird Dobusch befragt, für den am Freitag keine Zeit mehr war. Er hat einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss aus Linz im Rücken, der besagt, dass man bis zum Obersten Gerichtshof kämpfen will. Es dürfte ein jahrelanges Verfahren werden.

Wissen

In der Linzer Swap-Affäre geht es um einen Vertrag aus dem Jahr 2007. Die Stadt hat zur Absicherung einer Kreditlinie in Höhe von 195 Millionen Franken (damaliger Kurs: 152 Millionen Euro) mit der Bawag eine Art Wette auf den Kurs des Schweizer Franken und eine bestimmte Zinsentwicklung abgeschlossen. Derartige Geschäfte gelten als hochriskant. "Swap" ist die englische Bezeichnung für "Tausch". Bei einem Zins-Swap etwa tauschen die Partner Zahlungsverpflichtungen aus, wobei feste Zinszahlungen gegen variable getauscht werden. Für welche Seite das Geschäft nun ein Gewinn oder Verlust wird, hängt von der jeweiligen Zinsentwicklung ab.