)
Wie eine Partnerschaft unter Ärzten, Anwälten & Co nicht zum Fallstrick wird.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Sie waren an der Uni zwei ehrgeizige Studenten. Der eine gut vernetzt, der andere ein Experte in seinem Fach. Ein ideales Paar, um später gemeinsam eine Rechtsanwaltskanzlei zu gründen. Es kommen neue Kollegen dazu, der Betrieb wächst und läuft erfolgreich. Eines Tages packt der eine seine Koffer. Trennung.
Freiberufler wie Architekten, Grafiker, Steuerberater, Anwälte oder Ärzte schließen sich immer häufiger zu Bürogemeinschaften zusammen. Auf den ersten Blick eine Win-Win-Situation: Sie teilen sich Miete, Sekretariat, Putzfrau, Klo und Kaffeemaschine. Ein enormer Kostenvorteil, zusätzlich profitiert man vom Fachwissen und den Kontakten des anderen. Nach Jahren enden viele Beziehungen jedoch auf dem Glatteis. Die Suche nach dem Schuldigen beginnt.
"Der Hauptgrund für Trennungen ist meist die fehlende Kommunikationskultur", sagt der Organisationsberater und Trialogis-Geschäftsführer Stephan Proksch. Die Partner würden sich im Laufe der Jahre in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Da sich auch Ziele und Strategien ändern können, müsse viel miteinander gesprochen werden. "Gerade in Betrieben, wo nicht hierarchisch kommuniziert wird, ist es wichtig, Themen anzusprechen", so der Mediator. Im Idealfall sollte dazu an einem Tag die Woche ein Jour fixe stattfinden. Dabei gilt: mit Kritik oder einem Anliegen nicht sofort herausplatzen, sondern alles behutsam und vorsichtig ansprechen.
Auch der persönliche Austausch ist für das Gemeinschaftsdenken wichtig. Um privat zu plaudern, bieten sich ein Abendessen nach dem Büro sowie ein mehrtägiger Betriebsausflug einmal pro Jahr an. "Es hilft, aus der täglichen Routine herauszukommen, aufgestaute Probleme können sich entladen", weiß Proksch, Autor des Buches "Konfliktmanagement im Unternehmen".
Die Grenzen des Wachstums
Sehr häufig trennen sich Partner auch, wenn die Kanzlei oder die Praxis zu groß wird. In einer Kleingruppe von fünf Personen ist "Face-to-face-Kommunikation" leicht möglich. Ab einer gewissen Größe braucht es allerdings laut Experten strukturelle Kommunikationswege und neue Regeln. "20 Personen in einem Betrieb lassen sich nicht mehr wie eine Familie führen. Es entsteht Chaos", sagt Proksch.
Dass der Ehe-Krach im Büro durch die unterschiedlichen Charaktere hervorgerufen wird, ist eher selten der Fall. Im Gegenteil: Ein ideales Team setzt sich aus unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammen, die verschiedene Kompetenzen abdecken. Laut dem Riemann-Thomann-Persönlichkeitsmodell gibt es etwa vier gegensätzliche Grundausrichtungen des Menschen: Ein Partner ("Nähemensch") bringt die soziale und ausgleichende Komponente mit. Der Zweite ("Distanzmensch") braucht Individualität, Abgrenzung und rationales Denken - er tüftelt im stillen Kämmerlein vor sich hin. Die "Dauermenschen" sind wiederum ordentlich, sparsam und pünktlich und haben Organisationstalent. Büro-Kollegen mit "Wechselausrichtung" sind die Kreativen im Bunde. Sie zeichnen sich durch Ideenreichtum und Spontanität aus.
Egoismus statt Respekt
Um Konflikte möglichst reibungslos zu lösen, rät der Linzer Organisationsentwickler Siegfried Lachmair dazu, in den Partnerschaftsvertrag eine "Mediationsklausel" aufzunehmen. Nach dem Motto: "Bevor wir vor Gericht prozessieren, versuchen wir die Probleme mit einem Mediator zu lösen." In der Regel seien für einen Teamentwicklungsprozess rund zwei Tage erforderlich, so Lachmair. Gemeinsam mit einem Mediator wird erlernt, den anderen zuzuhören. Es werden Meinungsverschiedenheiten geklärt und Ziele festgelegt. Oft seien die Personen in einer Büro-Gemeinschaft fachlich sehr kompetent. Wenn es aber um "Soft Skills" geht, kämen Egoismen statt Wertschätzung zum Vorschein, so Lachmair. Wichtig für den Mediationsprozess: Die Partner dürfen noch nicht mit der Beziehung abgeschlossen haben. "Wo ein Wille ist, findet sich ein Weg."