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Bis zu zehn Jahre Haft für sexy Musikvideo

Von Alexander U. Mathé

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Eine ugandische Sängerin ist wegen Tanzens in Unterwäsche angeklagt, gegen das Pornografiegesetz verstoßen zu haben.


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Jemimah Kansiime wollte eigentlich nur ein sexy Musikvideo drehen. Eines in der Art, wie es zahllose ihrer Vorbilder aus den USA oder Europa vorgemacht haben. Doch in ihrer Heimat Uganda brachte ihr das eine Verhaftung und eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Pornografiegesetz ein. Zweifelhafte Berühmtheit erlangte dieses durch den Passus, der Homosexualität mit lebenslanger Haft bestraft. Für Kansiime wurde hingegen eine andere Stelle schlagend. Nämlich jene, in der steht, dass " jegliche Darstellung von Geschlechtsteilen einer Person mit dem primären Ziel sexueller Erregung" verboten ist und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren zu ahnden ist. Nun ist es nicht so, als ob sich Kansiime in dem beanstandeten Video nackt am Boden rekeln würde. Kritische Menschen würden "Ensolo Yange" - so der Titel - wahrscheinlich in die Kategorie "peinliches Homevideo" einordnen: Ein Übermaß an Nahaufnahmen zeigt die 21-Jährige, wie sie in Unterwäsche und teilweise eingeseift ihren Körper an einen Mann schmiegt. Vorzugsweise herangezoomt werden abgesehen vom Gesicht das Dekolleté sowie die bei weiblicher Aerobic beliebten Workout-Zonen von Panadol Wa’basajja - Kansiimes Künstlername. Übersetzt bedeutet das soviel wie "Medizin für Männer". Doch bei Ugandas oberstem Sittenwächter, Ethikminister Simon Lokodo, schlug die Arznei offenbar nicht an. Er gilt als aufmerksamer Beobachter, der auch schon eine Abgeordnete gerügt haben soll, weil sie einen kurzen Rock trug. Das wiederum weckt Erinnerungen an Idi Amin, Machthaber aus den 70er Jahren und fester Bestandteil der ewigen Diktatoren-Bestenliste. Der verbot in Uganda per Dekret den Minirock - ein Vorschlag, den auch Lokodo bereits unterbreitet hat. Derart sensibilisiert, muss ihn Kansiimes Video wie ein Schlag getroffen haben. Er ordnete umgehend ihre Verhaftung an. "Mir war bewusst, dass einige Teile unserer Gesellschaft konservativ sind", sagte sie gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP. Doch sie habe es sich nie träumen lassen, dass ihr Video gegen das Gesetz verstoße. Zu erwähnen ist, dass es offenbar auch den Wächtern von Google zu scharf ist, die es hinter eine Jugendschutzsperre gestellt haben - auch wenn Videos prominenter Sängerinnen (wie etwa Rihannas "Pour It Up") frei zugänglich sind und Kansiimes Video in puncto Erotik und Freizügigkeit übertreffen. Fünf Wochen verbrachte Kansiime im Gefängnis, bis sie auf Kaution freigelassen wurde. Wann der eigentliche Prozess beginnt, ist noch nicht klar. Sicherlich nicht hilfreich war die Reaktion ihres Managers, der gemeinsam mit ihr verhaftet wurde. Er bekannte sich schuldig und kam so mit einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 60 Euro davon. Doch diesen Weg wollte Kansiime nicht beschreiten. Hier gehe es um einen Präzedenzfall für ugandische Künstler, sich frei auszudrücken, erklärte ihr Anwalt.