Mit gemischten Gefühlen betrachtet der Innsbrucker Politologe Reinhold Gärtner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" den Zustand der politischen Bildung in Österreich. Vor allem das soziale Lernen komme viel zu kurz.
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Statt auf die Vermittlung von sozialem Lernen zu setzen, dominiere nach wie vor eine faktenorientierte Informationsvermittlung, beschreibt Gärtner eines der Hauptprobleme, an denen die Politische Bildung hierzulande leidet.
Zwar gebe es punkto Ausbildung der Lehrer "durchaus gute Ansätze", ein eigenes Lehramtsstudium sei jedoch - "politisch gewollt", wie Gärtner anmerkt - weit und breit nicht in Sicht. Einzig 2001 habe es für Lehrer im Zuge der Einführung des Faches "Geschichte und Politische Bildung" einen "Crash-Kurs" gegeben. Eine Grundausbildung für alle im Rahmen der Lehramtsausbildung sei zwar vor dem Hintergrund des Unterrichtsprinzips Politische Bildung "sinnvoll", gleichzeitig aber auch im Widerspruch zu den Bemühungen, ein eigenes Fach zu etablieren.
Als Alternative für eine Grundausbildung für alle sieht Gärtner eine Schwerpunktausbildung für jene Lehrer vor, die Politische Bildung unterrichten. Jedenfalls müsse man sich seitens der politischen Verantwortlichen endlich entscheiden, ob man politische Bildung auch tatsächlich wolle. Derzeit mache man, vor allem an HTL und Berufsschulen, "ein bisschen eine Alibiaktion", so Gärtner. Dies zu ändern, sei jedoch, wie er unumwunden zugibt, mit beträchtlichen Kosten verbunden. Und diese zur Verfügung zu stellen, sei eben "in Sparzeiten wie diesen" nicht so leicht.
Grundsätzlich positiv sieht Gärtner dagegen den Versuch, ein eigenes Fach Politische Bildung zu etablieren. Dass dies bei der 7. und 8. AHS-Stufe nur zur Zusammenlegung mit Geschichte und Sozialkunde geführt hat, sei jedoch "ernüchternd". Zurückzuführen sei dies vor allem auf die Furcht der Politiker vor einer parteipolitischen Vereinnahmung des Faches. Dies habe dazu geführt, dass Politische Bildung in Österreich bisher "eine lauwarme Sache" geblieben sei.