Enthüllungen über Briefkasten-Firmen setzen Tschechiens Premier Andrej Babis kurz vor der Wahl unter Druck.
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Die Veröffentlichungen kommen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für Andrej Babis. Genau eine Woche vor der Parlamentswahl wird publik, dass sich der tschechische Premier offenbar über Briefkastenfirmen 16 Luxusimmobilien in Südfrankreich gekauft hat, darunter das Schlösschen Bigaud an der Cote d’Azur. Die tschechische Polizei hat bereits Untersuchungen eingeleitet, genau so wie gegen andere tschechische Geschäftsleute, die in den "Pandora Papers" genannt werden, die vom Recherchenetzwerk International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) durchforstet worden sind.
Laut dem Portal "Investigace.cz" zahlte Babis 2009 mehrere Millionen an eine seiner Firmen auf den British Virgin Islands, das Geld wanderte schließlich bis zu einer Firma in Monaco. Diese erwarb das Schloss in Frankreich. Das Portal betonte gleichzeitig, dass es nur Daten zur Verfügung stelle und die Behörden untersuchen müssten, ob eine Straftat vorliegt. Babis, der mit Agrofert den zweitgrößten Konzern Tschechiens aufgebaut hat, hat aber offenbar diese Besitztümer bei seinem Eintritt in die Politik nicht offen gelegt, wie es das Gesetz verlangt hätte.
"Nichts Schlechtes getan"
Babis hat die Vorwürfe bereits von sich gewiesen. Er habe "nichts Gesetzwidriges und nichts Schlechtes" getan, betonte der Milliardär. Er versicherte, dass die verwendeten Gelder versteuert gewesen seien. Der Betrag sei "von einer tschechischen Bank weggegangen und in eine tschechische Bank zurückgekehrt", was er "leicht beweisen" könne. Die 12 Jahre alte Angelegenheit werde nur aufgebauscht, um ihm vor der Wahl zu schaden.
Die Partei ANO, die Babis im Jahr 2011 gegründet hat, liegt in den Umfragen mit knapp mehr als 25 Prozent der Stimmen in Front vor dem Votum, das am Freitag und Samstag stattfindet. Und die Chancen stehen gut, dass dies trotz der jüngsten Enthüllungen auch so bleibt. Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass der 67-Jährige mit derartigen Vorwürfen konfrontiert ist - und geschadet hat ihm das bisher kaum.
So wird nach wie vor geprüft, ob beim Aufbau des Wellness-Ressorts "Storchennest" EU-Gelder für klein- und mittelständische Unternehmen erschlichen wurden, indem Babis das Ressort auf Verwandte überschrieb. Die Verteidigungslinie von Babis ist dieselbe wie bei den jüngsten Vorwürfen: Dass es sich um eine Intrige seiner Gegner handle.
Der gebürtige Slowake hat sich eine Anhängerschaft aufgebaut, die bisher recht treu hinter ihm steht. Gefüttert mit dem Vermögen von Babis, der auch mehrere Medientitel besitzt, hat seine Partei die Mittel, um große, professionell gemachte Kampagnen aufzuziehen. Babis selbst ist ein pragmatischer Populist. Er hat seine Wählerschaft, unter der sich viele ältere Menschen befinden, fest im Auge und verspricht etwa weitere Pensionserhöhungen. Zudem bedient er die EU-Skepsis vieler Landsleute: Er spricht sich sowohl vehement gegen einen Euro-Beitritt als auch gegen Flüchtlingsquoten aus.
Nur einmal geriet Babis kräftig ins Wanken: Als das Corona-Management seiner Regierung zum Desaster geriet. Mit rund 30.000 Corona-Toten gehört das Zehn-Millionen-Einwohner-Land zu den am schlimmsten getroffenen. Zum Vergleich: In Österreich waren es bisher rund 11.000 Tote. Aber auch das hat Babis nach einem Umfragetief überstanden.
Schwächelnde Gegner
Tschechische Kommentatoren weisen aber auch darauf hin, dass Babis von einem politischen Umfeld profitiert, in dem die einstigen Großparteien geschwächt sind: Die Sozialdemokraten (CSSD) sind als Juniorpartner mit ANO in einer Regierung. Allerdings werden der CSSD keinerlei Erfolge zugeschrieben, und sie zittert nun gar, ob sie es überhaupt ins nächste Parlament schafft. Die rechtsliberale ODS ist zwar im Aufwind, hat aber nach Korruptionsskandalen nie zu alter Stärke zurückgewonnen.